Eifeler Zeitung, Andreas Gabbert

Trend motiviert Roetgener Grüne

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Stimmen der Lokalpolitiker aus den Gemeinden Roetgen und Simmerath sowie der Stadt Monschau zur Europawahl

NORDEIFEL Die Europawahl hat den Volksparteien SPD und CDU/CSU ein historisch schlechtes Ergebnis beschert. Die Unionsparteien bleiben zwar die stärkste Kraft, sie müssen aber deutliche Einbußen hinnehmen. Die Grünen folgen mit mehr als 20 Prozent auf dem zweiten Platz und sind damit der klare Gewinner dieser Wahl. Die SPD verzeichnet die deutlichsten Verluste und landet nur noch auf Platz drei. Dementsprechend fallen auch die Reaktionen der Lokalpolitiker in Roetgen, Monschau und Simmerath aus.

In der Gemeinde Roetgen hatten die Grünen mit 31,84 Prozent der Stimmen sogar die Nase vorn. Die CDU kam hier auf 29,2 Prozent, die SPD auf 15,97 Prozent, die FDP auf 6,11 Prozent, die AfD auf 5,05 Prozent und DIE LINKE auf 3,47 Prozent.

„Wir sind superglücklich, dass unser Kandidat aus der Region, Daniel Freund, auch ins Europaparlament einziehen wird. So werden wir jetzt noch bessere Kontakte nach Brüssel und einen direkten Ansprechpartner für die Region haben“, sagt die Vorsitzende des Roetgener Ortsverbandes von Bündnis90/Die Grünen, Christa Heners, am Tag nach der Wahl. Ihre Partei habe vor allem bei jungen Leuten mit den Themen Klimaschutz und Artensterben punkten können, auch wenn das eher traurige Themen seien. Heners ist überzeugt, dass das Ergebnis der Grünen auch Auswirkungen auf die Kommunalwahl im kommenden Jahr haben wird. Bei der Wahl des Städteregionsrates im November des vergangenen Jahres hätten die Grünen in Roetgen noch rund 1000 Stimmen erhalten, jetzt seien es schon 1500 gewesen. „Das ist ein deutlicher Trend, der uns anspornt und motiviert. Wir werden uns darauf vorbereiten, dass wir bei der Kommunalwahl möglicherweise erstmals auch Direktmandate gewinnen werden“, sagte Heners.

Für Roetgens Bürgermeister, Jorma Klauss (SPD), sind die Ergebnisse der SPD und der Grünen nicht verwunderlich. „Die Bundes-SPD ist so schlecht aufgestellt, dass es fast peinlich ist. Das ist bei den Grünen momentan sehr viel besser“, sagt er. Hinzu komme, dass wesentliche Themen wie der Klimaschutz logischerweise mit den Grünen in Verbindung gebracht würden. Die Rolle der SPD müsse eigentlich sein, zu erklären, „wie sich der Klimaschutz und die Digitalisierung auf die arbeitenden Menschen auswirken“. „Wenn das nicht auf authentische Art und Weise passiert, darf man sich über die Ergebnisse nicht wundern“, sagt er. Mit Blick auf die Kommunalwahl im kommenden Jahr macht sich der Bürgermeister aber keine Sorgen. Er verstehe sein Amt ohnehin überparteilich, außerdem sei die Gemeinde nie eine Hochburg der SPD gewesen. Für einen SPD-Bürgermeister sei es immer eine selbstverständliche Herausforderung, mit den unterschiedlichen politischen Strömungen in der Gemeinde zu arbeiten. „Was die Lokalpolitik betrifft, bin ich überzeugt, dass die SPD in Roetgen gute Arbeit leistet, und ich habe die Hoffnung, dass das auch entsprechend honoriert wird. Aber wissen kann man es nie“, erklärt Klauss.

In der Stadt Monschau erhielt die CDU 38,17 Prozent der Stimmen. Die Grünen bekamen 21,96 Prozent, die SPD 17,43 Prozent. Die FDP verbuchte 5,96 Prozent, die AfD 5,33 Prozent und DIE LINKE 3,04 Prozent.

Der Partei- und Fraktionsvorsitzende der Monschauer CDU, Micha Kreitz, zieht ein gemischtes Fazit. In Monschau läge die CDU auch im Eifelvergleich mit vorne. Besonders erfreulich sei die – gerade für eine Europawahl – sehr hohe Wahlbeteiligung im Stadtgebiet (67,05 Prozent). Eine hohe Wahlbeteiligung stärke die politische Mitte und schwäche die Ränder, erklärte Kreitz auch mit Blick auf das aus seiner Sicht „erfreulich schlechte Abschneiden der Links- und Rechtspopulisten von Linkspartei und AfD in Monschau“. Die CDU habe bei der Wahl des Städteregionsrates und bei der Europawahl „ein ordentliches Ergebnis erzielt“. Die CDU gehe in puncto Mobilisierung, Art der Wähleransprache etc. bestärkt in die Kommunalwahl im Herbst 2020, bei der es noch stärker auf die konkreten Themen und die Kandidaten vor Ort ankomme. „Bundestags-, Landtags- und Europawahlen sind keine Kommunalwahlen“, betont Kreitz. Insgesamt werde allerdings auch deutlich, dass die CDU inhaltlich, personell und strukturell „dringend stärker an ihrem Profil arbeiten muss“. Dies sei in der Zeit des Vorsitzes von Angela Merkel durchweg vernachlässigt worden, und auch die ersten Monate unter neuer Führung würden noch keine Verbesserung erkennen lassen.

In der Gemeinde Simmerath bekam die CDU 39,74 Prozent der Stimmen. Auch hier wurden die Grünen mit 19,11 Prozent zweite Kraft vor der SPD mit 17,03 Prozent. Die FDP erhielt hier 7,13 Prozent, die AfD 6,23 Prozent und DIE LINKE 3,08 Prozent.

Natürlich sei man von dem Wahlergebnis enttäuscht, sagt die Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Simmerath, Gabriele Keutgen-Bartosch. „Was mich besonders enttäuscht, ist, dass die Wählerinnen und Wähler nicht erkannt haben, dass wir uns genauso mit dem Klimaschutz auseinandersetzen und weltweit nach Lösungen suchen“, erklärt sie. Auch an anderen wichtigen Themen sei die SPD dran, zum Beispiel, wenn es wie zuletzt auf kommunaler Ebene um das Thema „Sozialer Wohnungsbau in Neubaugebieten“ gegangen sei. „Wir haben uns in der Vergangenheit bei diesem Thema sehr engagiert, aber das wird leider nicht wahrgenommen. Wir sind an den Themen dran und bringen uns auch hier in der Lokalpolitik intensiv ein. Unsere Ortsvorsteher leisten gute Arbeit, zum Beispiel in Lammersdorf. Vielleicht sind wir nur nicht so laut wie andere“, sagt Keutgen-Bartosch.

Man gewinne aus jeder Wahl neue Erkenntnisse, und bis zur Kommunalwahl seien noch anderthalb Jahre Zeit. Wichtige Themen auf kommunaler Ebene seien für die SPD unter anderem die Abschaffung der Straßenbaubeiträge und die Flüchtlingsunterkunft Langschoß. „Wir werden unsere sozial und wirtschaftlich ausgerichtete Politik für die Menschen in unserer Gemeinde weiter fortsetzen“, sagt Keutgen-Bartosch. Froh sein könne man aber auch, dass die Erwartungen hinsichtlich der AfD nicht in dem Maße eingetroffen seien wie vorausgesagt. „Dennoch sind viele zweistellige Ergebnisse für diese Partei immer noch beängstigend. Und unsere Aufgabe wird es weiterhin sein, hier verstärkt für Aufklärung über diese rechtsradikalen und nationalistischen Gruppen zu sorgen“, sagt die SPD-Vorsitzende.

Der Pateivorsitzende der Simmerather FDP, Benjamin Steinborn, freut sich, „dass Europa durch dieses Ergebnis gestärkt wird, da Schwarz-Rot keine Mehrheit mehr hat und der Demokratiegedanke so gestärkt wird“. Erfreulich sei auch, dass die Liberalen in Simmerath bei mehr als sieben Prozent gelandet seien. „Mit Verwunderung nehme ich das Ergebnis der Grünen zur Kenntnis. Dabei handelt es sich wohl um einen aktuellen Hype“, glaubt Benjamin Steinborn.

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