Eifeler Zeitung, Marco Rose

Von einem Funkloch ins nächste

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Der neue Mobilfunkstandard 5G erlaubt technisch Erstaunliches. Doch in der Nordeifel ist selbst 4G noch nicht flächendeckend.

NORDEIFEL Wenn Experten über den neuen Mobilfunkstandard 5G sprechen, geraten sie schon mal ins Schwärmen: Von autonom fahrenden Autos ist dann die Rede, von vernetzter Industrieproduktion oder auch von technischen Revolutionen in der Landwirtschaft. In der Eifel ist man derzeit froh, dass Autos noch ein Lenkrad haben und nicht permanent Verbindung zum Internet brauchen. Denn hier fährt man bisweilen von einem Funkloch ins nächste – auch im Jahr 2019.

Kein Anbieter lückenlos

Von einer flächendeckenden Versorgung mit dem bisherigen Topstandard 4G (LTE) ist man noch weit entfernt, mancherorts geht schlicht gar nichts. Entscheidend ist oft die Wahl des Anbieters, doch selbst der teuerste Vertrag garantiert keinen lückenlosen Empfang. Wir haben in den vergangenen Wochen die verschiedenen Anbieter einem Praxistest unterzogen, der zeigt: Perfekten Empfang bietet derzeit keines der Unternehmen. Am besten aufgestellt ist nach wie vor die Telekom, doch auch hier gibt es noch immer viele weiße Flecken. Ein Überblick:

Monschau: In der Altstadt ist der Empfang in der Regel gut, mit Schwächen bei den beiden Telekom-Konkurrenten Vodafone und O2 (Telefónica). In den Dörfern ergibt sich dagegen ein sehr unterschiedliches Bild. Beispiel: Höfen. Je nachdem, wo man sich im Ort befindet, lassen sich Messenger-Dienste wie Whatsapp nicht oder nur sehr eingeschränkt nutzen. Im Ortsteil Alzen geht dann bei allen Anbietern nahezu nichts. O2-Kunden können nur hoffen, über das belgische Netz eine halbwegs stabile Verbindung zu erhalten, mit der man noch telefonieren kann. Daten? Fehlanzeige!

Dabei verkündete der Telefónica-Konzern, der 2014 das Netz von E-plus übernahm, erst vor ein paar Tagen stolz, dass man mit der Inbetriebnahme eines neuen Senders in Kalterherberg mit der Netzabdeckung im Grenzbereich zu Belgien einen großen Schritt nach vorne gemacht habe. Das Unternehmen habe sein Mobilfunknetz in Nordrhein-Westfalen im ersten Halbjahr 2019 mit mehr als 1000 zusätzlichen LTE-Sendern umfangreich ausgebaut, damit die Menschen vor allem in ländlichen Regionen von einer verbesserten Netzabdeckung profitierten. Und in der Realität? Die Spitzen des Eifeldoms sieht man vom Alzener Kauferberg zwar, doch Empfang ist dort nach wie vor Glückssache. „Teilweise hängt es sogar vom Wetter ab“, stöhnt ein Anwohner.

Beispiel Imgenbroich: Im zentralen Monschauer Einkaufsort ist man mit einem Telekom-Vertrag meist gut bedient. Wer mit O2 unterwegs ist, schaut dagegen oft in die Röhre. Im Inneren von Gebäuden gibt es oftmals gar keinen Empfang und in der örtlichen Außengastronomie fallen O2-Kunden schon mal dadurch auf, dass sie das Mobiltelefon verzweifelt am ausgestreckten Arm in die Luft halten, um ein Foto zu laden.

Simmerath: In Lammersdorf ist das dann genau umgekehrt: Während das Telekom-Handy hier häufig streikt, erfreuen sich O2-Kunden besten Empfangs durch die Nähe zur dortigen Sendeanlage am Ortsausgang Richtung Fringshaus. In den Simmerather Dörfern Strauch oder Steckenborn wiederum funktioniert eigentlich nur das D-Netz der Telekom. Und wer in Hammer nicht gerade WLAN zur Verfügung hat, der muss den Berg nach Eicherscheid hochfahren, um eine Nachricht zu verschicken – egal, welchen Netzanbieter er nun gewählt hat. „Wir arbeiten seit drei Jahren an einer Verbesserung der Situation“, sagt der Simmerather Beigeordnete Bennet Gielen.

Suche nach Standorten

Dazu habe man alle drei Anbieter angeschrieben und ihnen Hilfe bei der Wahl von neuen Standorten für Sender angeboten – allerdings habe sich nur die Telekom zurückgemeldet. „Derzeit sind wir auf der Suche nach Standortmöglichkeiten, weil wir in der Tat noch viele weiße Flecken in der Gemeinde haben“, sagt Gielen. In Eicherscheidt etwa sei man auf einem guten Weg, andernorts sei es nach wie vor schwierig. In der kommenden Woche wird sich der zuständige Ausschuss des Themas annehmen. Dann soll auch diskutiert werden, ob sich Simmerath für die Telekom-Aktion „Wir jagen Funklöcher“ bewerben wird. Diese erst kürzlich gestartete Initiative soll Kommunen helfen, die bislang beim Netzausbau zu kurz gekommen sind. Bis Ende November läuft die Bewerbungsfrist.

Roetgen: Schlicht konkurrenzlos sind Telekom und Vodafone schließlich in Roetgen – sofern man keine größeren Ansprüche an die Geschwindigkeit stellt. Besuchern und auch Durchreisenden mit O2-Vertrag präsentiert sich das „Tor zur Eifel“ hingegen als einziger „weißer Fleck“ ohne Verbindung zur Außenwelt. Zuverlässiges LTE gibt es nur bei der Telekom und bislang auch nur in den kleineren Ortsteilen Rott und Mulartshütte.

„Schuld war bislang offenbar, dass die Telekom Frequenzen nicht nutzen konnte, weil sie von belgischer Seite aus belegt waren“, erklärt Bürgermeister Jorma Klauss. Das soll sich nun ändern: „Ich habe von der Telekom das Versprechen erhalten, dass der LTE-Ausbau noch in diesem Jahr erfolgen soll“, sagt der SPD-Politiker. Eine verbindliche Zusage stehe allerdings noch aus. Immerhin sei die Telekom aber der einzige Netzanbieter, der auf Fragen der Gemeinde überhaupt eingegangen sei.

Prinzip Hoffnung

So bleibt den Kunden in der Eifel derzeit oft nur das Prinzip Hoffnung. Immerhin haben der Bund und die Mobilfunkbetreiber erst Anfang September vertraglich geregelt, dass bis Ende 2021 in jedem Bundesland 99 Prozent aller Haushalte mit LTE versorgt werden. Umgerechnet sind dies mehr als 90 Prozent der Fläche. Bisher sind die Betreiber verpflichtet, bis Ende 2019 mindestens 98 Prozent der Haushalte mit schnellem mobilem Internet abzudecken.

Allerdings wurde erst im Frühjahr bekannt, dass Telefónica noch weit entfernt von diesen Vorgaben ist und deshalb von der Bundesnetzagentur abgemahnt wurde. Das deckt sich auch mit den praktischen Erfahrungen vor Ort. In dem neuen Vertrag ist nun vorgeschrieben, dass die Firmen insgesamt 1400 zusätzliche Basisstationen errichten – diese sollen schon bis Ende 2020 stehen, damit man „unterbrechungsfrei telefonieren und surfen“ kann. Die geplanten zusätzlichen Standorte sollen für eine Nutzung durch jeden Betreiber offenstehen.

„Was in dem aktuellen Vertragswerk fehlt, sind definitiv Aussagen zur Qualität des Mobilfunkes, also mit welcher Geschwindigkeit gesurft wird“, hatte Oliver Krischer, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, nach Vertragsschluss kritisiert. Hier stecke „der Teufel im Detail“. „Was die Netzbetreiber als Versorgung definieren, bedeutet beim Handynutzer noch lange kein schnelles Internet oder eine gute Telefonqualität.“

Davon können Mobilfunkkunden in der Eifel ein Liedchen singen.

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