Eifeler Zeitung; Michael Grobusch

Werben für Europa und die Demokratie

Als Schulz-Nachrücker ist Arndt Kohn ziemlich unverhofft EU-Abgeordneter geworden. Vor allem junge Leute will er überzeugen.

Städteregion. Die gängigen Bilder sind ihm in den vergangenen 14 Monaten ziemlich häufig begegnet. Die vom langen Schatten, der schweren Bürde oder den großen Fußstapfen beispielsweise. Für Arndt Kohn kamen diese Bilder weitaus weniger überraschend als sein Einzug ins Europäische Parlament. Schließlich war er bei der Wahl im Mai 2014 nur der „Koppelkandidat“ von Martin Schulz, der Nachrücker also für den amtierenden Parlamentspräsidenten. Und der hatte zu diesem Zeitpunkt und wohl auch noch lange danach nicht vor, mit einem Wechsel nach Berlin seinen Platz in Brüssel und Straßburg an Kohn abzugeben.

Gut ein Jahr nach seinem unverhofften Eintritt ins Rampenlicht der großen politischen Bühne hat sich die Aufregung bei Arndt Kohn längst gelegt. „Es war und ist völlig illusorisch, sich permanent mit Martin Schulz messen zu wollen“, weiß der 37-jährige Stolberger nicht nur aus mittlerweile eigener Erfahrung. Und weil es eigentlich gar nicht so schlimm und schwer sei, der Nachfolger von Martin Schulz zu sein, wenn man denn seine eigene Linie verfolgt, ist in Kohn die Erkenntnis gereift, dass er sein Engagement als Europaabgeordneter auch nach der im Mai 2019 endenden Legislaturperiode fortsetzen will.

„Diese Entscheidung musste durch den Familienrat“, berichtet Kohn. Schließlich ist die Arbeit des EU-Parlamentariers mit vielen Abwesenheiten zu Hause im Stolberger Stadtteil Breinig verbunden. Und natürlich musste auch die eigene Partei, also die SPD, grünes Licht gegeben. Was geschehen ist: „Der Unterbezirk hat Arndt Kohn einstimmig als Kandidaten nominiert“, verkündet Eva-Maria Voigt-Küppers, stellvertretende Vorsitzende der Sozialdemokraten im Altkreis Aachen, das klare Votum der heimischen Basis im Gespräch mit unserer Zeitung. Die offizielle Ernennung zum Kandidaten soll Anfang September auf einem Regionalparteitag erfolgen.

Die jungen Leute haben Europa als eine Selbstverständlichkeit kennengelernt. Wir Älteren hingegen wissen noch den Mehrwert zu schätzen, weil wir den Wandel erlebt haben.

Arndt Kohn
Europaabgeordneter


Kohn sieht sich als Botschafter Europas und seiner Werte und Privilegien. „Die jungen Leute haben Europa als eine Selbstverständlichkeit kennengelernt. Wir Älteren hingegen wissen noch den Mehrwert zu schätzen, weil wir den Wandel erlebt haben.“

Ein Schwerpunkt von Kohns Wirken in seinem Betreuungsgebiet, das weit über den eigentlichen Wahlkreis hinausgeht, weil nicht überall in der Region sozialdemokratische Kandidaten ins EU-Parlament gewählt wurden, sind deshalb die Schulen. Nicht nur in der vor kurzem beendeten, alljährlichen Europawoche, aber in dieser ganz besonders. „Ich versuche, den Schülern Politik näherzubringen und komplexe Dinge verständlich zu erklären“, beschreibt Kohn sein Ziel. Dabei könne er ganz lebensnahe Anknüpfungspunkte nutzen. „Erasmus-Programm, Ausbildung und Studium sind Themen, die Schüler unmittelbar betreffen und an denen sich die Vorzüge Europas ablesen lassen.“ Kohn weiß aber auch um das Europa-kritische und mitunter Europa-feindliche Klima, das sich in den vergangenen Jahren entwickelt hat. „Es gibt viele Menschen, die große Angst haben, dass wir von Europas Globalisierung mehr Nach- als Vorteile haben.“

Von den Vorteilen überzeugen

Sie will der Stolberger davon überzeugen, dass die Vorteile deutlich überwiegen. „Mein Werben für Europa ist auch ein Werben für Freiheit und Demokratie“, sagt Arndt Kohn, der eines seiner Haupttätigkeitsfelder deshalb auch bei den Bürgern in der Städteregion sieht. „Der persönliche Kontakt und die Bodenhaftung sind sehr wichtig, wenn man Menschen für die europäischen Idee begeistern will.“

Seine eigene Begeisterung ist derweil ungebrochen. Und sie ist sogar noch größer geworden. „Dieses erste Jahr hat unheimlich viel Spaß gemacht. Ich habe meinen persönlichen Horizont nicht nur erweitert, sondern vervielfacht.“ In Brüssel und Straßburg sei das geschehen, aber auch auf diversen Delegationsreisen, bei denen er die Vielfalt Europas und auch dessen vielfältigen Probleme – beispielsweise beim Besuch von Flüchtlingscamps auf griechischen Inseln – kennengelernt habe.

„Es gibt noch viel zu tun“, weiß Kohn und nennt beispielhaft die gerechte finanzielle Kompensation des Brexits, das Schließen von Steuerschlupflöchern, die Einführung einheitlicher Steuersätze und die Realisierung einer europaweiten Finanztransaktionssteuer auf Aktiengewinne. Und wenn er auch nicht Fan des FC Liverpools ist, so zitiert der Stolberger doch gerne dessen Trainer Jürgen Klopp, der in einem Interview gesagt hat: „Die EU ist nicht perfekt, aber es ist die beste Idee, die wir hatten.“

In Stolberg Ratsmitglied und Parteivize

Arndt Kohn ist ausgebildeter Bankkaufmann und diplomierter Finanzwirt. Von 2008 bis Februar 2017 war er im Finanzamt Aachen-Kreis tätig. Politisch betätigt sich der 37-Jährige auch weiterhin in seiner Heimatstadt Stolberg. Dort gehört er als Mitglied der SPD-Fraktion dem Rat sowie mehreren Fachausschüssen – unter anderem dem Kinder- und Jugendausschusses als Vorsitzender – an. Außerdem ist Kohn stellvertretender Vorsitzender des SPD-Stadtverbandes Stolberg.

Als Abgeordneter des Europäischen Parlaments ist Kohn Mitglied im Haushaltsausschuss sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, im Ausschuss für regionale Entwicklung sowie im Sonderausschuss gegen Finanzkriminalität.

Frisch aufgelegt worden ist eine unter Kohns Regie erstellte Broschüre, die über die Förderprogramme der EU informiert. Sie kann im Büro von Arndt Kohn in Alsdorf (Willy-Brandt-Ring 1, ☏ 02404/ 9039373) oder per Mail an arndt.kohn@europarl.europa.eu angefordert sowie im Internet unter www.arndt-kohn.eu/europa-faengt-zuhause-an/foerdermittel heruntergeladen werden.

Fotos: imago/JörgSchüler, Michael Grobusch

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