Städteregionstag beschließt mit großer Mehrheit die überarbeitete Fassung des Strukturkonzeptes. Politik erteilt der Verwaltung zahlreiche Prüfaufträge.
Städteregion. „Wir nehmen Sie beim Wort“, betonte Marion Timm, dabei war zu diesem Zeitpunkt im Städteregionstag noch gar nichts gesagt worden. Kurz vor der Sitzung überreichte die Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der freien Wohlfahrtspflege gestern den Fraktionsvorsitzenden sowie Städteregionsrat Helmut Etschenberg knapp 4000 Unterschriften. Mit ihnen sollte noch einmal die Forderung untermauert werden, dass es im Zuge der städteregionalen Haushaltskonsolidierung und der Diskussion um strukturelle Veränderungen bei der Wahrnehmung von Aufgaben keine Kürzungen im Sozialbereich geben darf.
Das hatten die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP im Grundsatz bereits Anfang Oktober im Städteregionsausschuss zugesichert, wofür sich Timm gestern ausdrücklich bedankte. Mit Blick auf die angekündigten Verhandlungen über Leistungsvereinbarungen erklärte sie: „Wir blicken hoffnungsfroh und gespannt auf das nächste Jahr.“
Die Bedeutung der Verbände für die soziale Städteregion betonten die Fraktionsspitzen nicht nur in dem kurzen Gespräch mit deren Vertretern vor der Sitzung, sondern auch in den anschließenden Erklärungen zum Strukturkonzept des Städteregionsrates. Dieses wird es in der ursprünglich vorgelegten Form nicht geben. Mit den Stimmen von CDU, SPD, Grünen und FDP wurde stattdessen der zwischen ihnen ausgehandelte Kompromiss – verbunden mit zahlreichen Änderungen und Prüfungsaufträgen – verabschiedet. Nach Aussage von SPD-Fraktionschef Martin Peters beinhaltet er ein nur um 300 000 Euro geringeres Sparpotenzial als das Etschenberg-Papier, in dem sich die Einsparungen auf 47,5 Millionen Euro summiert hatten. „Genaue Zahlen können wir allerdings erst nennen, wenn die Ergebnisse der Prüfaufträge vorliegen“, schränkte Peters ein.
Die Linken, die sich frühzeitig aus den interfraktionellen Verhandlungen verabschiedet hatten, blieben derweil bei ihrer schon im Städteregionsausschuss dokumentierten Ablehnung. „Um die kommunale Handlungsfähigkeit erhalten zu können, müssen wir nicht Einsparungen vornehmen, sondern die Einnahmen deutlich erhöhen“, erklärte Uwe Löhr. Dazu müsse Druck auf Land und Bund gemacht und diese dazu verpflichtet werden, für Aufgaben, die sie den Kommunen zuweisen, auch finanziell aufzukommen.
Dass es einen ersatzlosen Wegfall der Globalzuschüsse an die Sozialverbände nicht geben soll, wurde von den Linken derweil zur Kenntnis genommen. Stattdessen hat die Verwaltung nun den Auftrag, eine „integrierte Sozialplanung“ vorzunehmen, auf deren Basis die Mittel in Zukunft zweckgebunden gewährt werden sollen. So konnten Marion Timm und ihre zahlreich vertretenen Mitstreiterinnen einigermaßen zufrieden nach Hause gehen, auch wenn die Sprecherin gegenüber unserer Zeitung noch einmal darauf verwies, „dass sich erst noch zeigen muss, welche Auswirkungen sich aus der integrierten Sozialplanung ergeben und ob es zukünftig tatsächlich zu keinen Einschränkungen und Kürzungen kommen wird“.
Alles andere als zufrieden war hingegen Personalratsvorsitzender Frank Schalge. Denn seine wochenlangen Bemühungen, das Personalbewirtschaftungskonzept zu modifizieren und die Sparvorgaben für die Beschäftigten damit zu reduzieren, waren letztlich vergeblich. Es bleibt dabei, dass die Belegschaft bis 2020 einen Sparbeitrag von rund 10,5 Millionen Euro leisten muss. Lediglich auf die stufenweise Abschaffung der leistungsorientierten Bezahlung für Beamte (LOB), die laut Landesbesoldungsgesetz eine freiwillige Leistung ist, soll auf Vorschlag von Helmut Etschenberg verzichtet werden. „Bis auf weiteres“, wie der Städteregionsrat meinte. „Viele Kollegen leisten bei der Aufnahme und Betreuung von Flüchtlingen seit Wochen und Monaten Außergewöhnliches. Auf die leistungsorientierte Bezahlung zu verzichten, wäre deshalb zum jetzigen Zeitpunkt völlig falsch.“
Dass die rund 1950 Mitarbeiter der Städteregion aber dennoch einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten müssten, darüber waren sich CDU, SPD, Grüne und FDP einig. „Dabei geht es nicht um eine weitere Arbeitsverdichtung, sondern um Effizienzsteigerungen“, reagierte Werner Krickel (Grüne) auf die von Schalge geäußerte Befürchtung, dass sich eine weitere Belastung nicht nur negativ auf die Qualität der Arbeit, sondern auch auf die Gesundheit der Kollegen auswirken werde. Krickel betonte zudem: „Wir reden nicht über eine Senkung der Personalkosten, sondern über die Frage, um wie viel sie erhöht werden.“
Großen Wert legten Sprecher der vier beteiligten Fraktionen und Helmut Etschenberg auf die Feststellung, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben werde. Diese Zusage könne nicht hoch genug eingeschätzt werden, unterstrich Klaus Dieter Wolf (CDU). „200 000 Arbeitnehmer in dieser Region haben eine solche Sicherheit wahrscheinlich nicht.“
Wichtige Beschlüsse und Arbeitsaufträge zum Strukturkonzept
Mit der Verabschiedung des – veränderten – Strukturkonzeptes sind zahlreiche Beschlüsse und Arbeitsaufträge verbunden.
Eine Reduzierung der Zahl der Berufskollegs (derzeit neun) soll geprüft werden.
Für alle Schulen soll eine gemeinsame Abstimmungsplattform geschaffen werden. Die Übertragung von Förderschulen an den Landschaftsverband wird geprüft.
Die Erhebung von Gebühren für die Sporthallennutzung wird geprüft. Gleiches gilt für Schulparkplätze.
Für das Parken am Straßenverkehrsamt sollen ab 1. Januar 2016 Gebühren fällig werden.
Mit der Stadt Aachen wird über eine gemeinsame Wirtschaftsförderung (durch die Agit) verhandelt.
Beide Frauenhäuser in der Städteregion werden weiter bezuschusst.
Die Zusammenlegung von Geschäftsstellen des Jobcenters im Nordkreis (derzeit vier) wird geprüft.
Der Städteregionstag wird nicht verkleinert.
Die Auszahlung von Sportfördermitteln durch den Regiosportbund wird geprüft.