Nordeifel. Nach den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gibt es massive Veränderungen in der politischen Landschaft. Wir haben mit lokalen Politikern über ihre Einschätzung und die Konsequenzen gesprochen.
„Das war ein schlechter Wahlsonntag für unsere Demokratie“, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Stefan Kämmerling. Das Abschneiden der AfD sei absehbar gewesen, man erschrecke aber trotzdem. „Selbst hoch professionelle Berufspolitiker überholen sich in diesen Tagen gegenseitig mit immer neuen Ad-hoc-Meldungen, wie die Flüchtlingsherausforderung bewältigt werden kann. Das schafft kein Vertrauen. Was wir brauchen ist Haltung und nicht jeden Tag eine neue Idee, um die nächste Schlagzeile zu bekommen“, erklärt Kämmerling. Mit Blick auf kommende Wahlen müsse man sich zu zwei Wahrheiten positionieren. Es gebe weiterhin eine große Bereitschaft, Kriegsflüchtlingen Asyl zu gewähren. Weite Teile der Bevölkerung seien von der Zuwanderung aber auch beunruhigt und verunsichert. „Mit beidem muss Politik seriös umgehen“, sagt Kämmerling.
Auch CDU-Landtagsabgeordneter Axel Wirtz sieht die Volksparteien in der Verantwortung: „Wichtig ist, dass die Spitzenkandidaten bei Wahlen glaubwürdig und authentisch erscheinen. Hinzu kommt, dass bei Volksparteien Wahlen in der Mitte gewonnen werden, was wir spätestens seit Helmut Kohl und Angela Merkel wissen. Deshalb war es aus meiner Sicht ein inhaltlicher Fehler und ein Verlust an Glaubwürdigkeit, dass sich die CDU-Führungspersonen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz von der humanitären, christlichen Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin in den letzten Wochen entfernt hatten. Kretschmann und Dreyer hingegen haben sich hierzu bekannt, ebenfalls wie Haseloff in Sachsen Anhalt. Hierdurch haben Sie aus meiner Sicht die entscheidenden Prozente aufgeholt“.
Im übrigen halte er die AfD, vergleichbar mit den Piraten, „zumindest hier bei uns im Westen für eine vorübergehende Erscheinung.“
Die Grünen müssten keine Konsequenzen ziehen, sagt der Fraktionsvorsitzende der Monschauer Grünen, Werner Krickel. Das zeige das Beispiel von Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg, der eine eindeutige Haltung vertreten habe. „Man sieht, dass man damit erhebliche Zuwächse verzeichnen kann“, sagt Krickel. Daher gebe es keine Notwendigkeit, „hektisch zu werden und Grundeinstellungen zu überdenken“. Es sei wichtig, „als Demokraten klare Kante zu zeigen und Verfolgten zu helfen“. Die Errungenschaften Europas dürften jetzt nicht aufgegeben werden, nur weil man sich in einer schwierigen Situation befinde. Man müsse genau schauen, wofür die AfD überhaupt stehe – nicht nur in der Flüchtlingspolitik. Es gelte sie „dort zu stellen, wo sie eigentlich nichts zu bieten hat“, etwa beim Thema Energiewirtschaft oder auch im sozialen und gesellschaftlichen Bereich. „Die AfD ist eine Partei für diejenigen, für die früher alles besser war“, sagt Krickel.
Das Ergebnis sei zu erwarten gewesen, sagt der Fraktionsvorsitzende der UWG Simmerath, Claus Brust. Er sieht darin einen Protest gegen die Politik der Bundesregierung. Brust kritisiert, dass am Wahlabend mit Blick auf mögliche Koalitionen immer nur von den demokratischen Parteien gesprochen worden sei. In seinen Augen seien aber alle Parteien, auch die AfD, demokratisch gewählt worden. Die Ergebnisse dieser Wahlen würden auch hier Auswirkungen haben, die AfD positioniere sich auch in der Eifel. Auch für die UWG werde es schwer, sich gegen die AfD zu positionieren. „Die unabhängigen Wählergemeinschaften in der Eifel leben von den lokalen Themen, während die AfD bundespolitische Themen instrumentalisiert“, sagt Brust.
Für den Vorsitzenden des CDU-Stadtverbandes Monschau, Alexander Lenders, ist das Erstarken der AfD „sehr erschreckend“. „Die demokratischen Parteien müssen alles tun, um diese Protestwähler wieder zurück ins demokratische Lager zu holen“. In der der Flüchtlingsfrage müssten Lösungen gefunden werden, am besten eine europäische. Die Ergebnisse der Landtagswahlen hätten gezeigt, dass Spitzenkandidaten sehr wichtig seien. Die Konsequenz sei, dass die CDU bei den Landtagswahlen in NRW im Mai 2017 einen überzeugenden Spitzenkandidaten stellen müsse, zum Beispiel Friedrich Merz, sagt Lenders.
Bei Janine Köster aus Roetgen, der Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) in der Städteregion Aachen, ist das Entsetzen über die Wahlergebnisse in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt groß. „Das macht einem als Demokrat Angst“, sagt sie. Das Ergebnis von Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz sei aus ihrer Sicht natürlich erfreulich. Dies sei gelungen, weil Dreyer eine „klare Linie“ gezogen habe. Für Köster ist es wichtig, den Bürgern zu sagen, was die Politik vorhabe. Gleichzeitig müsse klargemacht werden, wofür die AfD stehe. „Ich denke, dass die Meisten sie aus Protest gegen die Uneinigkeit und die fehlende Transparenz in der großen Koalition in Berlin gewählt haben“, sagt Köster.
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