Erneut wird es ein Volksbegehren zum Thema Abitur nach acht oder neun Jahren geben. Eine Million Unterschriften benötigt. Was sagen die Betroffenen?
Nordeifel. G8 ist bei Schülern unbeliebt. Die kontroverse Debatte, ob das Abitur in Nordrhein-Westfalen von Schüler nach zwölf oder 13 Jahre Schulzeit abgelegt werden soll, geht in die nächste Runde. Eine Elterninitiative will nach dem Scheitern im ersten Versuch jetzt erneut ein Volksbegehren starten. Über eine Million Unterschriften werden benötigt.
Im Jahr 2005 wurde die Schulzeit an Gymnasien von neun auf acht Jahre gekürzt. Auch in den Eifelkommunen liegen ab sofort die Listen aus.
Die Schüler in der Eifel sprechen sich in der Mehrzahl für eine Wiedereinführung des alten Systems des Abiturs nach 13 Schuljahren aus. „Mein Bruder wird erst im Sommer 18 Jahre“, berichtet Lisa-Marie Joye, Schülerin des St. Michael-Gymnasiums in Monschau. „Wenn er sein Abitur macht, ist er erst 17. Falls er studieren gehen will, kann er sich nicht einmal eine eigene Wohnung anmieten“. Lisa-Marie ist nicht die Einzige, die an G8 zweifelt. Das sogenannte Turbo-Abi ist umstritten.
Doch ist G8 tatsächlich schlechter als G9? „Ich denke, dass das eine Frage des Systems ist, wie es aufgebaut ist und wie der einzelne Schüler sich darin zurecht findet“, stellt Dr. Bernd Gotzen, Schulleiter des St. Michael-Gymnasiums fest. „ Es gibt sicherlich Schüler, die Probleme mit G8 haben, ebenso wie es solche gibt, die mit G9 nicht zurechtkommen.“ G8 habe den großen Vorteil, dass Schüler schneller ins Berufsleben einsteigen könnten. Wenn der Übergang ins Berufsleben oder auch die Schullaufbahn jedoch nicht flüssig gestaltet sei, so könne es zu Komplikationen und Stressfaktoren kommen und die Tiefe des Stoffes leide darunter. Zudem habe man sich „mit G8 an ein internationales Niveau angepasst“, erläutert der Schulleiter.
Dr. Bernd Gotzen
Schulleiter St. Michael-Gymnasium Monschau
Auch ein anderer Faktor könnte den weiteren Verlauf in der Diskussion um G8 oder G9 beeinflussen: die bevorstehende Landtagswahl. So jedenfalls vermutet es Arthur Bierganz, Direktor des Inda-Gymnasiums in Kornelimünster. „Entscheidend für den Umgang mit G8 beziehungsweise G9 werden die ministeriellen Vorgaben der Regierung sein, die siegreich aus der anstehenden Landtagswahl hervorgeht.“ Der Schulleiter glaubt, dass die meisten Eltern und Schüler sich für G9 aussprechen werden.
Große Nachteile beim G8 sehen die meisten Schüler in der Altersstruktur der künftigen Abiturienten. „Bei G8 hat man die Schule zwar schneller abgeschlossen, ist aber auch ein Jahr weniger entwickelt“, denkt Lisa-Marie Joye, Schülerin des 10. Jahrgangs (EF) und im G8-System damit bereits Oberstufenschülerin. „Mit G9 muss man zwar länger in die Schule gehen, weiß dafür jedoch auch, was man will und wie man es erreichen kann.“
Ein weiteres Problem sehen viele Schüler darin, dass der gleiche Unterrichtsstoff in einem kürzeren Zeitraum mehr Lernaufwand bedeutet. „Gerade in der Oberstufe kommt da eine Menge zusammen“, sagt Elena Strauß, Schülersprecherin des St. Michael-Gymnasiums. Grundsätzlich hält sie G8 für keine schlechte Idee, da die Schüler ein Jahr früher ins Arbeitsleben eintreten könnten. Jedoch müsse bedacht werden, dass der Schultag nach dem Nachmittagsunterricht noch lange nicht vorbei sei: Es stünden dann noch Hausaufgaben und Facharbeiten auf dem Programm. Für Hobbys und Freunde bleibe kaum noch Zeit.
Unterschriftenlisten liegen bis zum 7. Juni aus
Ein Volksbegehren ist der Antrag der wahlberechtigten Bürger auf die (erneute) Abstimmung zu einem Gesetzentwurf. Im Falle G8 oder G9 soll eine Unterschriftensammlung bewirken, dass an Gymnasien in NRW wieder neun statt aktuell acht Schuljahre bis zum Erreichen des Abiturs eingeführt werden. Kommen eine Million Unterschriften zusammen, muss sich der Landtag innerhalb der nächsten sechs Monate erneut mit dem Gesetzentwurf befassen. Wird der Vorschlag vom Parlament abgelehnt, kommt es zu einem Volksentscheid.
In den Rathäusern in Monschau, Roetgen und Simmerath liegen ab 2. Februar bis 7. Juni die Unterschriftenlisten aus. Beteiligen darf sich jeder wahlberechtigte Bürger.