„Integriertes Handlungskonzept“ soll der Gemeinde Simmerath als Wegweiser zu einer „neuen Mitte“ dienen.
SIMMERATH Das Zentrum von Simmerath wird sich in den kommenden Jahren stark verändern. Auf dem Weg zu einer „neuen Mitte“ mit eher städtischer Prägung soll der Gemeinde ein sogenanntes „Integriertes Handlungskonzept“ als Wegweiser dienen. Dort sind Maßnahmen mit Gesamtkosten in Höhe von fast 13 Millionen Euro aufgelistet, die zur „Erhaltung und Gestaltung eines urbanen Charakters und zur Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bevölkerung geeignet sind“.
Mit dem Handlungskonzept soll die künftige Entwicklung gesteuert und in geordnete Bahnen gelenkt werden. Im Mittelpunkt steht dabei eine „intensive Bestandsaufnahme und Einbindung der Öffentlichkeit“.
Zu den genannten Maßnahmen zählen unter anderem ein Kulturhaus, die Neugestaltung des Bushofs, die Modernisierung und Instandsetzung von Gebäuden, die Umgestaltung der Haupt- und der Kammerbruchstraße, ein Hof- und Fassadenprogramm, die Umnutzung des Bauhofs, weitere E-Tankstellen, ein Parkleitsystem und die Verknüpfung des Zentralortes mit dem Tourismus am Rursee.
Vorschläge des Planungsbüros
Wir ziehen hier alle an einem Strang. So soll es weitergehen.
Manfred Sawallich
SPD
Bereits seit Ende des Jahres 2015 ist das Planungsbüro HJPplaner damit beauftragt, Simmeraths Entwicklung zu planen. Unter der Führung von Professor Peter Jahnen wurden Untersuchungen vorgenommen und Konzepte und Vorschläge erarbeitet, die sich 2017 in einem „Handbuch Wohnen“ und einem „Gestaltungshandbuch“ wiederfanden. Sie wurden in das „Integrierte Handlungskonzept“ eingearbeitet, das Jahnen am Dienstag in der Sitzung des Planungsausschusses der Gemeinde noch einmal kurz vorstellte.
Zur Erstellung der Maßnahmenliste gab es im Vorfeld außerdem zwei Informationsveranstaltungen für die Bürger und drei Sitzungen einer Lenkungsgruppe, die aus Vertretern der Politik, der Verwaltung, des Tourismus, der Wirtschaft und der Vereine besteht. Des Weiteren wurden die Maßnahmen mit Blick auf die Genehmigungsfähigkeit mit der Bezirksregierung abgestimmt.
In der Vorlage für die Sitzung des Planungsausschusses hatte die Verwaltung eine Reihe von Punkten aufgelistet, die Anlass für das vorgestellte Handlungskonzept sind. Demnach sei die Nachfrage nach Wohnraum im Zentralort weiterhin hoch. Im Altbaubereich seien bauliche Mängel festzustellen. Die Schließung der Gaststätte Wilden habe zum Verlust der bisherigen Veranstaltungsstätte geführt. Sowohl die Volkshochschule als auch die Bücherei seien nicht adäquat untergebracht. Die Gestaltung und der Charakter der öffentlichen Räume seien unzeitgemäß und entsprächen nicht dem Wunsch der Gemeinde, ein Ort mit „städtischem Gepräge“ zu werden.
Die Geschichte des Ortes mit Attributen „regionalen Bauens“ sei unterrepräsentiert und führe zu dem Wunsch, den „Genius Loci“ des Zentralortes wieder aufleben zu lassen. Die Architektur der Geschäftslagen um das Rathaus sei baulich und gestalterisch sehr uneinheitlich und erfordere eine Neuorganisation. Die Einzelhandelsangebote in den Gewerbegebieten seien städtebaulich nicht integriert und erforderten eine Anbindung und eine räumlich-funktionale Verknüpfung mit dem Zentralort. Die weitere Zunahme des Individualverkehrs mit in der Folge immer größeren Parkplätzen stoße auf räumliche Grenzen. Außerdem gebe es Mängel bei der Ausstattung mit öffentlicher Infrastruktur.
„Mit den notwendigen Veränderungen des Orts wandert der Blick allmählich in die Zukunft und nimmt hierbei insbesondere die Chancen in den Fokus, die mit der Schaffung eines Zentralortes mit ‚städtischem Gepräge‘ verbunden sind“, war in der Sitzungsvorlage zu lesen. Das Handlungskonzept wolle aber nicht den Eindruck erwecken, dass mit seiner Hilfe alle Missstände beseitigt werden können. Wichtige Änderungen würden vor allem ein Umdenken bei Akteuren und die Ausrichtung des eigenen Denkens und Handelns auf veränderte Rahmenbedingungen und künftige Aufgaben erfordern.
„Wir haben Lust darauf, das zu machen“, sagte Jens Wunderlich (CDU) und freute sich schon auf die Diskussionen mit Blick auf die einzelnen Maßnahmen. „Da tun wir einen Riesenschritt für die Zukunft Simmeraths“, betonte er.
Manfred Sawallich (SPD) sprach von einem guten Gesamtkonzept. In Wettbewerben zu den einzelnen Konzeptbausteinen sah er „eine hervorragende Möglichkeit auszuloten, was mit welchem Geld machbar ist, und andere für die Ideen zu begeistern“. Etwas Bauchschmerzen hatte er hinsichtlich der geplanten Umnutzung des Bauhofsgeländes für größere Veranstaltungen. „Wir ziehen hier an einem Strang. So soll es weitergehen. Das ist auch ein Zeichen nach außen“, sagte Sawallich.
Auch Benjamin Steinborn (FDP) blickte wohlwollend auf die beabsichtigten Maßnahmen.
Klaus Stockschlaeder (Grüne) äußerte Lust auf die vorgesehenen Veränderungen. „Mit Abwarten ist es aber nicht getan, wir müssen aktiv werden“, betonte er.
Helmut Keischgens (UWG) blickte grundsätzlich positiv auf die geplanten Veränderungen, auch wenn er einzelne Punkte kritisch sah. „Die werden aber ja noch im Detail diskutiert“, sagte er. Außerdem hätte er sich eine noch intensivere Beteiligung der Bürger gewünscht und forderte, das Konzept im Internet zu veröffentlichen.
Diese Kritik konnten weder der Ausschussvorsitzende Gregor Harzheim (SPD) noch der Beigeordnete Bennet Gielen nachvollziehen. Wunderlich erklärte in diesem Zusammenhang, dass er ein Verfahren in dieser Form bislang noch nicht mitbekommen habe. Viele Ideen der Bürger seien in das Konzept eingeflossen.
Einstimmiger Beschluss
Schließlich stimmten die Ausschussmitglieder einstimmig für das Konzept und sprachen eine Empfehlung an den Gemeinderat aus. Mit dem nächsten Tagesordnungspunkt wurden dann auch gleich die ersten Voraussetzungen für die geplante Entwicklung geschaffen. Die ebenfalls einstimmig beschlossene Änderung des Bebauungsplans für den Ortskern soll eine Verdichtung der Bebauung und den Bau von Gebäuden mit bis zu drei Vollgeschossen ermöglichen.
INFO
60 Prozent Landesförderung
Die Gesamtkosten in Höhe von fast 13 Millionen Euro sollen zu 60 Prozent mit Fördermitteln des Landes NRW finanziert werden. Dafür muss der entsprechende Förderantrag bis zum 30. September bei der Bezirksregierung vorliegen. Zusätzlich soll bei der Umsetzung der einzelnen Maßnahmen nach weiteren Fördermöglichkeiten Ausschau gehalten werden.