Eifeler Zeitung, Marco Rose

Stolze Hinterwäldler in Simmerath

Mit Witz und viel Selbstbewusstsein präsentieren sich Unternehmer aus der Gemeinde in einer aufwändigen Kampagne.

SIMMERATH Willkommen im Hinterwald! Wenn die Gemeinde Simmerath Internetnutzer auf diese Weise begrüßt, dann steckt eine gute Portion Ironie und jede Menge Selbstbewusstsein dahinter. „Proud to be Hinterwald“ ist nicht nur der Titel einer neuen Kampagne, die die Gemeinde gestern gemeinsam mit beteiligten Unternehmern und der Aachener Agentur Power und Radach vorgestellt hat. Der Slogan – zu Deutsch: „Stolz darauf, Provinz zu sein“ – ist auch Ausdruck eines neuen Selbstbildes der Eifeldörfer. „Wir sind Provinz, aber wir sind nicht provinziell“, sagt Bürgermeister Karl-Heinz Hermanns (CDU).

Die Kampagne, die auf der im Frühjahr gestarteten „So simmer“-Aktion aufbaut, zielt nun auf die Wirtschaft. „Wir wollen Menschen und Unternehmen von unserem Standort überzeugen“, erklärt Hermanns, der die Wirkung des Slogans bereits an seinen erwachsenen Kindern getestet hat. „Was habt Ihr Euch denn da überlegt?“, lautete die Reaktion. „Und genau das ist die Idee: Menschen zum Schmunzeln anregen und gleichzeitig zu sagen: Ja, wir sind stolz darauf!“, berichtet Hermanns.

Stolz auf die Wirtschaft

Wo kommt ihr denn her? Vor 30 Jahren haben wir beim Urlaub auf Mallorca auf diese Frage geantwortet: aus der Nähe von Köln. Heute sagen wir mit Selbstbewusstsein: aus der Eifel!

Karl-Heinz Hermanns
Bürgermeister von Simmerath

Dieser Stolz fußt nicht mehr nur auf einmaliger Natur und dem daraus resultierenden Tourismus, die Gemeinde sieht sich inzwischen als Wirtschaftsstandort durchaus auf Augenhöhe mit den großen Ballungsräumen im Land. Hermanns: „Wir haben mittlerweile nicht nur Unternehmen, die lokal ausgerichtet sind, viele haben den nationalen oder sogar internationalen Markt im Blick.“ Die neue Kampagne soll diesen Unternehmen ein Gesicht geben.

Auf einer Internetseite mit der passenden Webadresse www.proud-to-be-hinterwald.de präsentieren sie sich in modern und edel aufgemachten Videos. Einen entsprechenden Hashtag schlägt man den Nutzern auch gleich vor. „Viele haben die Chance genutzt, ihre Qualität als Arbeitgeber hervorzuheben“, sagt Bernd Steinbrecher, geschäftsführender Gesellschafter von Power und Radach, selbst gebürtiger Eifeler aus Hürtgenwald.

Geben den Startschuss für die Kampagne (v. l.): Optiker Matthias Kaulard, Bürgermeister Karl-Heinz Hermanns, Modeunternehmer Michael Haas, Selma Kerinc von der Raiffeisenbank Simmerath, Beigeordneter Bennet Gielen, Jürgen Scherf (Holz Scherf) und Bernd Steinbrecher von Power und Radach. Foto: Marco Rose

Tatsächlich sei die Konkurrenz um gute Fachkräfte derzeit enorm groß, weshalb es ungemein wichtig sei, Menschen vom Leben auf dem Land zu überzeugen. „Simmerath hat mittlerweile Standortqualitäten, nach denen man in den großen Ballungsräumen lange suchen muss“, sagt der Werber.

Gemeinde zahlt 50.000 Euro

Entstanden ist die Kampagne im Zusammenspiel aus Gemeindeverwaltung, Lokalpolitik, der Agentur und den beteiligten Unternehmen, die sich an den Kosten beteiligen. Insgesamt investiert alleine die Gemeinde für das Gesamtpaket aus „So simmer“ und „Hinterwald“ rund 50.000 Euro. Der Bürgermeister legt Wert darauf, dass alle Parteien hinter der Kampagne stehen und auch die Wirtschaft von Anfang an beteiligt war. „Wir freuen uns darüber, denn die Kampagne zeigt, was hier alles bewegt wird“, sagt Michael Haas, Vorsitzender des Gewerbevereins Simmerath. Die Vielfalt sei erstaunlich für eine ländliche Region, die doch oftmals noch unterschätzt werde.

Auch Jürgen Scherf, Geschäftsführer der Holz-Scherf-Gruppe, betont, man habe sich gerne an der Aktion beteiligt. „Es ist uns sehr wichtig, dass Simmerath eine attraktive Außenwirkung hat.“ Für diese Außenwirkung wird die beauftragte Agentur aus Aachen nun kräftig trommeln. Vor allem in Sozialen Medien wie Facebook soll die Kampagne in den kommenden Wochen an Präsenz gewinnen, wobei der eingängige Slogan hier seine Stärken besonders ausspielen könnte. Insgesamt sei die Aktion auf eine Dauer von drei Jahren angelegt. Nachdem im ersten Schritt acht Unternehmer mitmachten, seien nun bereits die nächsten Videos in Arbeit, die dann im Frühjahr veröffentlicht werden sollen.

Optiker Matthias Kaulard verspricht sich viel von einem solchen Standortmarketing. Für ihn sei ist es entscheidend, gute Mitarbeiter zu haben. Denn der unternehmerische Erfolg sei abhängig von der Summe der Leistung aller Mitarbeiter. „Und wir stellen fest, dass es für viele eine enorme Motivation ist, hier leben und auch arbeiten zu können“, sagt der Seniorchef des Unternehmens.

Dass man in der Eifel mittlerweile tatsächlich stolz ist, aus dem „Hinterwald“ zu kommen, macht Bürgermeister Hermanns auch am eigenen Verhalten fest: „Wo kommt ihr denn her? Vor 30 Jahren haben wir beim Urlaub auf Mallorca auf diese Frage noch geantwortet: aus der Nähe von Köln. Heute sagen wir mit Selbstbewusstsein: aus der Eifel!“

Mit neuen Baugebieten und einem erweiterten Gewerbegebiet am Ortsausgang Richtung Kesternich will Hermanns aus diesem Gefühl einen zählbaren Vorteil für die Gemeinde machen: „Wie Stadt. Nur besser“, das sei längst mehr als nur ein Slogan.

www.proud-to-be-hinterwald.de

    P A R K G E B Ü H R E N    

„Standortvorteil für den Simmerather Handel“

Die Gemeinde Simmerath wird auch in Zukunft keine Parkgebühren im Ortskern erheben. Dieses Verprechen, so erklärte es gestern Bürgermeister Karl-Heinz Hermanns (CDU), gelte auch für potenzielle Nachfolger im Amt. Schließlich habe sich die Erkenntnis überall durchgesetzt, dass dies ein besonderer Standortvorteil für den örtlichen Handel sei. Die Gemeinde werde zudem weiter daran arbeiten, die Parksituation zu verbessern. Bereits in der Vergangenheit habe man darauf viel Wert gelegt, etwa auf der Hauptstraße Parktaschen von ausreichender Breite anbieten zu können.

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