Eifeler Zeitung, Peter Stollenwerk

„Wenig produktiv, nicht gastfreundlich“

Die geplante Pkw-Maut wird besonders in den Grenzkommunen kontrovers diskutiert. Schwindet Kaufkraft aus Belgien?

Nordeifel. Die von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt favorisierte Einführung einer Pkw-Maut auf deutschen Straßen sorgt weiter für kontroverse Diskussionen. Im deutsch-niederländischen und deutsch-belgischen Grenzgebiet wird die Debatte noch eine Spur emotionaler geführt, weil die Betroffenheit hier besonders spürbar ist. Abwanderung der Kaufkraft und Einbußen beim Tourismus werden in den grenznahen Kommunen als direkte Folgen der Einführung einer Pkw-Maut befürchtet.
Eine Delegation des Deutschen Bundestages war kürzlich im ostbelgischen Parlament in Eupen zu Gast. Bei dem Gespräch ging es unter anderem um die umstrittene deutsche Pkw-Maut, aber auch Problematik der Kernkraftwerke Tihange und Doel. Mehrmals bereits haben ostbelgische Politiker in Berlin gegen die Pkw-Maut protestiert – bisher aber ohne Erfolg. Die deutsche Delegation des Bundestags versprach, für die Ostbelgier eine Ausnahmeregelung bei der Pkw-Maut anzuregen. Sie sollten von der Pkw-Maut ausgeschlossen werden, forderte gar der Aachener Bundestagsabgeordnete Helmut Brandt. Die Chancen seien gut.

„Völlig falsches Signal“

Es sollte eigentlich das Ziel im europäischen Kontext sein, Grenzen abzubauen und nicht neue Hindernisse zu schaffen.

Emil Dannemark
Bürgermeister der Gemeinde Bütgenbach

Beim Ministerpräsidenten der Deutschsprachigen Gemeinschaft Ostbelgiens (DG), Oliver Paasch, stößt das grüne Licht der EU-Kommission in Bezug auf die Pläne zur Einführung der oft als „Ausländermaut“ bezeichneten Abgabe auf kategorische Ablehnung. Der Eupener Regierungschef geht gleich auf mehreren Ebenen dagegen vor.
„Das deutsche Maut-Vorhaben schadet – auch in der Form des mit der EU-Kommission ausgehandelten Kompromisses – der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, ganz besonders hierzulande“, so Paasch. Immerhin pendelten alleine aus Ostbelgien 5500 Menschen täglich aus beruflichen Gründen nach Deutschland. Die deutsche Maut werde der wirtschaftlichen Entwicklung in der Grenzregion schaden „und widerspricht meiner Auffassung nach sowohl dem europäischen Geist als auch dem EU-Recht“. Schon deshalb dürfe das „Wahlkampf-Prestigeprojekt der bayerischen CSU“ keine Realität werden, denn es sende „ein völlig falsches Signal“ und in einer Phase, in der sich die EU ohnehin schon in einer sehr schwierigen Situation befinde, so der Ministerpräsident.

Keine positiven Nebeneffekte kann auch Emil Dannemark, der Bürgermeister der ostbelgischen Grenzgemeinde Bütgenbach der geplanten deutschen Pkw-Maut abgewinnen. Er glaube zwar, dass das „letzte Wort noch nicht gesprochen ist“, aber gerade in der Grenzregion und innerhalb des europäischen Kontextes sollte es eigentlich das Ziel sein, „Grenzen abzubauen und nicht neue Hindernisse zu schaffen.“ Dannemark bedauert, dass es in vielen europäischen Fragen nicht gelinge, in eine Richtung zu arbeiten. Mit Blick auf die Region findet er, dass es zwischen Kalterherberg und Elsenborn „eigentlich keine Unterschiede mehr geben dürfe.“

Die Einführung einer Pkw-Maut werde vor allem mittelständische Unternehmen treffen, besonders solche, die in den Raum Aachen orientiert seien. Für seine Gemeinde Bütgenbach glaubt er nicht, dass eine Maut zu Veränderungen im Verhalten der Autofahrer führt, auch nicht bei jenen, die in beachtlicher Zahl zum Einkaufen gerne und regelmäßig über die Grenze nach Imgenbroich fahren. „Die Leute werde rechnen, ob es sich noch lohnt“, sagt Emil Dannemark.

„Äußerst negativ“

Eine Abwanderung der Kaufkraft aus den ostbelgischen Kommunen Bütgenbach und Büllingen sei bei einer Einführung der Pkw-Maut nicht zu befürchten, glaubt der Imgenbroicher Unternehmer Klaus Victor, eher seien da aus Monschauer Sicht schon Einbußen beim Tourismus denkbar, da die Maut ja nur bei Nutzung von Autobahnen fällig werde.

Die Maut selbst bezeichnet der Geschäftsmann als „äußerst negativ und wenig produktiv und absolut nicht gastfreundlich“. Auch der finanzielle Erfolg sei für ihn derzeit zweifelhaft.

Geplanter Startzeitpunkt für die Maut ist 2019

Nach aktuellem Verhandlungsstand mit der EU-Kommission wurde ein neuer Entwurf für die PKW-Maut vorgestellt. So soll es nun fünf Vignettenstufen geben, doch der Zeitplan für die Maut ist kaum noch zu halten. Ursprünglich wollte Verkehrsminister Dobrindt die überarbeiteten Gesetzentwürfe für die Maut am 18. Januar 2017 ins Kabinett einbringen. Dieser Plan ist gescheitert. Geplanter Startzeitpunkt für die Maut ist 2019. Der CSU-Minister erwartet nach neuesten Berechnungen jährliche Nettoeinnahmen in Höhe von 500 Millionen Euro. Eine Studie im Auftrag des ADAC kam auf Einnahmen von 260 Millionen Euro. Die Maut-Einführung aber ist noch lange nicht beschlossene Sache. Eine Rolle bei der Entscheidung werden mit Sicherheit auch die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen im Mai sein und auch die Bundestagswahlen in diesem Herbst.

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