Zum Thema „Hasselfuhr“ wird viel informiert, aber nicht diskutiert.
LAMMERSDORF 183 – Das ist die laufende Nummer für den Bebauungsplan „Hasselfuhr“, der Lammersdorf in den nächsten Jahren eine Entwicklung und einen Einwohnerzuwachs ermöglichen soll.
Die Planung ist weit gediehen, ist aber nun ins Stocken geraten, weil zwei Gewerbetreibende dagegen geklagt bzw. ein Normenkontrollverfahren beantragt haben. Als der Simmerather Bürgermeister Karl-Heinz Hermanns am Dienstag zu seinem turnusmäßigen Info- und Bürgerabend „vor Ort“ in die Lammersdorfer Turnhalle eingeladen hatte, waren das Baugebiet und vor allem der damit verbundene Kreisverkehr erwartungsgemäß das beherrschende Thema des Abends.
Die Resonanz war recht ordentlich, 150 der 250 aufgestellten Stühle waren besetzt, als der Bürgermeister erklärte, dass Lammersdorf in seiner Besuchsreihe eigentlich erst im September geplant gewesen, aus aktuellen Gründen aber vorgezogen worden sei. Eine der zwei angesetzten Stunden wolle man dem Thema „Hasselfuhr“ widmen, kündigte Hermanns an – und dieser Marschroute folgte die Versammlung weitgehend, weil es praktisch nicht zu kontroversen Diskussionen und kritischen Wortbeiträgen zum Thema „Hasselfuhr“ kam, obwohl auch die Gegner bzw. Kläger gegen das Verfahren im Publikum vertreten waren.
Somit blieb es auch weitgehend bei der Darstellung der Pläne durch Bauamtsleiter Jürgen Förster sowie bei einer Kommentierung durch Bürgermeister Hermanns und Ortsvorsteher Hammelstein. Förster zeigte anhand des Plans die drei Teilbereiche des Bebauungsplans auf, „dessen Lage mitten im Ort und in unmittelbarer Nähe zu Schule, Einkaufsmöglichkeiten und ÖPNV“ er als „ideal“ bezeichnete. Förster führte aus zum zweistufigen Planverfahren, zur Anzahl von 56 möglichen Gebäuden (40 Einfamilienhäuser, zehn Doppelhäuser und sechs Mehrfamilienhäuser), zu Gestaltungsvorgaben für Architekten und Bauwillige, zum geplanten Kindergarten im Baugebiet und zu Licht- und Lärmemissionen durch umliegende Einrichtungen wie Sportplätze, Skater-Park und Waggon der Pfadfinder. Nach der Darstellung der inneren Erschließung des Baugebiets durch eine Ringstraße und Anschlüsse an die angrenzenden Wirtschaftswege nahm dann die Zuwegung des neuen Baugebiets, an der sich die kontroverse Debatte entzündet hat, breiten Raum ein.
Ursprünglich, erläuterte Jürgen Förster, sei eine Zufahrt von der Bundesstraße 266 (Im Pohl) gegenüber von Zeltplatz und Schule geplant gewesen, doch diese Idee hätten der mit planende Landesbetrieb Straßen NRW wie auch die Polizei kritisch gesehen, hauptsächlich wegen der Grundschule. Förster verlas das entsprechende Schreiben des Landesbetriebs im Rahmen der Behördenbeteiligung und machte deutlich, dass Straßen NRW in jedem Falle ein umfangreiches Verkehrsgutachten gefordert hätte, falls es bei der ursprünglichen Zufahrt geblieben wäre. Daher habe der Simmerather Planungsausschuss in Abstimmung mit dem Landesbetrieb einen Kreisverkehr in die Überlegungen mit einbezogen und schließlich auch im Bebauungsplan vorgesehen. Der Kreisverkehrsplatz sei allerdings bisher „nur ein gelber Fleck im Bebauungsplan“, vergleichbar mit dem Regenrückhaltebecken auf der anderen Seite des Plangebiets. „Wie genau der Kreisverkehr und die Verkehrsplanung am Ende aussehen wird, ist derzeit noch Gegenstand der Planungen beim Landesbetrieb“, erklärte Jürgen Förster. Es sei also nur „ein Wasserstand“, was derzeit in der Diskussion stehe, so Förster. Dort ist unter anderem die Rede von einem Kreisverkehr mit 34 Metern Durchmesser (wegen des Schwerlastverkehrs zu Junker und den Firmen im Gewerbegebiet Rollesbroich), von einer Bushaltestelle kurz vor dem Kreisverkehr und direkt vor den angrenzenden Geschäften und von teils getrennten Querungen für Fußgänger und Radfahrer. „Die Ausgestaltung des Kreisverkehrs ist aber nicht Gegenstand des Bebauungsplans, die Erschließung des Baugebiets mittels Kreisverkehr jedoch wohl“, machte Jürgen Förster deutlich. Er wie auch der Bürgermeister bezeichneten den Kreisverkehr als „alternativlos“, da eine vorgeschlagene Ampel-Regelung oder eine Erschließung über die Wirtschaftswege oder die Straßen Wolfskuhl und Fritz-Fedder-Straße für die jeweiligen Anwohner „nicht zumutbar“ sei.
Bürgermeister Karl-Heinz Hermanns und Ortsvorsteher Franz-Josef Hammelstein machten deutlich, dass das Baugebiet „Hasselfuhr“ von enormer Bedeutung für Lammersdorf sei, dies vor dem Hintergrund stark rückläufiger Schülerzahlen bis 2024. Dies habe auch der Gemeinderat so gesehen und deshalb schon vor über einem Jahr die Planung einstimmig begrüßt – samt Kreisverkehr als beste verkehrstechnische Lösung. Zwei Klagen, die einen bzw. zwei Tage vor Ende der Jahresfrist gegen den Plan beim Oberverwaltungsgericht eingegangen seien, hätten das Verfahren nun jedoch zum Erliegen gebracht und könnten für eine Verzögerung von drei Jahren sorgen, wie Hermanns später schätzte. „Jetzt haben die Juristen das Wort“, stellte Franz-Josef Hammelstein fest und zeigte „Mitleid mit den vielen Bauwilligen“, die sich in Lammersdorf eine Existenz schaffen wollten. Der Ortsvorsteher sprach von 40 Voranfragen und mutmaßte: „Diese werden nun wohl abwandern vor dem Hintergrund steigender Zinsen und steigender Baulandpreise.“ Auch ob der Bund in drei Jahren noch Dreiviertel der Baukosten für den Kreisverkehr übernehmen werde, sei ungewiss.
Der Bürgermeister betonte nochmals, dass es „keine Klage gegen den Kreisverkehr“ geben könne und dass die Gegner lange geplante Gesprächstermine kurzfristig hätten platzen lassen. Die Gemeinde habe sich in den Verkehrs- und Parkplatzfragen um Kompromisse bemüht und sei nach wie vor zu Gesprächen bereit, „von mir aus auch nachts um drei“, so Hermanns. Auch der neue Pächter der betroffenen Fleischerei, der sich kurz zu Wort meldete und „mehr Unterstützung für einheimische Gewerbetreibende“ einforderte, erhielt ein persönliches Gesprächsangebot vom Bürgermeister.
Obschon der Bürgermeister anschließend weitere Ortsthemen wie Pendlerparkplätze, Glasfaser und Bauernmuseum ansprach, nahmen die meisten Wortbeiträge immer wieder Bezug zum Thema „Hasselfuhr“. Gleichsam als Schlusswort kommentierte Bürger Hans Roßkamp den Ärger um das Lammersdorfer Baugebiet mit deutlichen Worten. Lammersdorf sei schon immer durch seine Baugebiete wie Waldsiedlung oder Kämpchen gewachsen und das ermögliche auch das neue Baugebiet. „Nach außen hat man den Eindruck, dass ganz Lammersdorf gegen das Vorhaben ist, aber es sind nur zwei Personen, die dagegen sind“, ereiferte sich Roßkamp. Er mutmaßte, „dass das ganze Monschauer Land sich über die ‚dummen Lammersdorfer‘ kaputtlacht, weil die das nicht auf die Reihe kriegen“, so Roßkamp, der meinte, es sei nun „höchste Zeit, dass einige hier im Ort mal nachdenken“.
Fast pünktlich beendete Bürgermeister Hermanns den Infoabend, nicht ohne nochmals auf seine Sprechzeiten jeden Donnerstag von 16.30 bis 18.30 Uhr im Rathaus hinzuweisen.
Gefällt's? Empfehle uns weiter!