Aachen „Im Hinblick auf die Nachfrageelastizität sind Preisanpassungen nach oben Grenzen gesetzt.“ Diesen netten Satz findet man in einer Vorlage für die Politik. Thema: Erhöhung der Preise fürs Busfahren. Geschrieben wurde er nicht gestern oder vergangene Woche oder letzten Monat. Sondern im Jahr 2006, als besagte Erhöhung auf der Tagesordnung stand. Um durchschnittlich 4,7 Prozent sollten die Preise für Tickets damals angehoben werden. Übersetzt bedeutet die Aussage so viel wie: Dreht man fortwährend an der Preisschraube, werden sich manche Buskunden vielleicht zweimal überlegen, ob sie diese Preise noch bezahlen wollen. Aber: „Der Anspruch zur Entlastung der öffentlichen Haushalte sowie die nicht dynamisierten oder sogar zum Teil rückläufigen Fördersätze machen eine zunehmende Nutzerfinanzierung unabdingbar.“
Kunden zahlen für Defizit
Diesen nicht weniger umständlichen Satz liest man nun ganz aktuell in einer Vorlage des Aachener Verkehrsverbunds (AVV) für die Politik. Übersetzung: Für die Defizite der Nahverkehrsunternehmen müssen die Kunden tiefer in die Tasche greifen. Diesmal geht es über alle Ticketkategorien gesehen um 2,7 Prozent plus zum 1. Januar. Und überhaupt: Völlig ungeachtet besagter „Nutzerelastizität“ hat das Thema Jahr für Jahr für Jahr auf der Tagesordnung gestanden. Seit 2006 sind die Fahrpreise Stück für Stück um insgesamt über 40 Prozent angehoben worden.
Nun also einmal mehr. Am 13. November berät darüber beispielsweise der Aachener Verkehrsausschuss – der heute Mobilitätsausschuss heißt – in seiner Eigenschaft als „AVV-Beirat“. Der AVV ist für die Tarife in seinem gesamten Verbundgebiet – Stadt und die Städteregion Aachen sowie die Kreise Düren und Heinsberg gehören dazu – zuständig. Vor den politischen Beschlüssen werden die Preisplanungen mit den entsprechenden Verkehrsunternehmen – in Aachen die Aseag – abgesprochen. Als Begründungen für die abermals nötige Verteuerung werden die „weiterhin steigende Kostenentwicklung, insbesondere in den Bereichen Personal, Treibstoff und Material sowie Investitionen insbesondere im Bereich der Digitalisierung“ genannt. Insbesondere die ersten drei Gründe tauchen ebenfalls Jahr für Jahr in den Erläuterungen auf. 2,4 Millionen Euro soll die Maßnahme aufs gesamte AVV-Gebiet in einem Jahr zusätzlich in die Kassen spülen – bei Gesamteinnahmen von dann rund 93,2 Millionen Euro.
Überdurchschnittlich fallen dabei diesmal die Steigerungen bei den „Bartarifen“, etwa Einzel- und Tagestickets, aus. Abgesehen von „wirtschaftlichen Notwendigkeiten“ wolle man so auch die Abo-Tickets attraktiver machen, heißt es. Überdies seien die Steigerungen bei diesen Tarifen in den vergangenen Jahren oftmals unterdurchschnittlich ausgefallen. So kostet die Kurzstrecke ab 1. Januar 1,70 statt 1,60 Euro (plus 6,25 Prozent). Die Preisstufe 1 wird beispielsweise von 2,70 auf 2,80 Euro angehoben (plus 3,7 Prozent). Nur das „Flugs-Ticket“ (vier Haltestellen ab Abfahrtsort) bleibt mit 1,60 Euro gleich. Das Aachener City-XL-Ticket, einst als Anreiz zum innerstädtischen Busfahren politisch gewollt, klettert von 1,70 auf 1,80 Euro (plus 5,88 Prozent). Nur die Stadt Düren will da nicht mitmachen. Sie will im Gegenteil den Preis von 1,90 auf 1,50 Euro (Einzelfahrschein) senken und das aus eigener Tasche finanzieren. Düren hat wie Aachen aktuell mit großen Problemen bei den Schadstoffen in der Luft zu tun.
Auch Job-Ticket wird angehoben
Apropos Luft: Beim Kampf gegen Dieselfahrverbote setzt Aachen als eine Maßnahme auch auf den Umstieg vom Auto auf den Bus per Job-Ticket. Doch auch die Job-Tickets sollen zum 1. Januar teurer werden – 26,80 statt 26,10 Euro (plus 2,68 Prozent). Das trifft insbesondere Großabnehmer wie die Stadt – sie kauft Job-Tickets im Wert von 60 000 Euro monatlich – oder die RWTH. Schüler-Tickets für Selbstzahler sollen nun 29,80 statt 29 Euro kosten (plus 2,76 Prozent). Fahrpreise für Kindertickets bleiben hingegen unangetastet. Dies alles nur als Beispiele aus dem Dschungel von insgesamt weit über 100 AVV-Bustarifen.
Die AVV-Vorlage dürfte mehrheitlich wieder durchgewunken werden. So zumindest war es bei den Erhöhungen der Vorjahre immer. Einzig die Linken haben sich stets klar dagegen ausgesprochen.