Eifeler Zeitung, Andreas Gabbert

Anruf-Linien-Taxi kommt noch nicht an

Von Juni bis Oktober 2019 wurde das neue ÖPNV-Angebot in der Gemeinde Simmerath nur von 72 Fahrgästen genutzt.

Simmerath Das seit Sommer in der Gemeinde Simmerath verkehrende sogenannte „Anruf-Linien-Taxi“ (ALT) wird bislang nur mäßig genutzt. Von Juni bis Oktober wurde das neue ÖPNV-Angebot lediglich von 72 Fahrgästen genutzt. Das entspricht circa 15 Fahrgästen pro Monat. Diese Zahlen wurden dem Struktur- und Hochbauausschuss der Gemeinde jetzt von der Aseag vorgelegt.

Die meisten Fahrgäste (57) nutzen die Möglichkeit, mit dem ALT abends ins Rurtal zu gelangen. Ein Mal wurde das Angebot in Huppenbroich in Anspruch genommen, 14 Mal in Dedenborn. Die ALT-Angebote in Hechelscheid und in Rollesbroich beziehungsweise zum Gewerbe- und Industriegebiet Rollesbroich wurden in dem genannten Zeitraum nicht nachgefragt.

Aus drei Möglichkeiten gewählt

Vor der Einführung des Angebotes hatte die Simmerather Politik sich mit drei unterschiedlichen bedarfsorientierten Beförderungsmöglichkeiten befasst und diskutiert, welches Angebot für die Bedürfnisse im Gemeindegebiet die sinnvollste Lösung ist. Zur Diskussion standen damals das Anruf-Linien-Taxi, ein Anruf-Sammel-Taxi oder ein Angebot wie der sogenannte Netliner, der in der Stadt Monschau verkehrt. Dabei ging es auch um die Bezahlbarkeit der verschiedenen Möglichkeiten.

Die Vertreter der Aachener Straßenbahn und Energieversorgungs-AG (Aseag) und des Aachener Verkehrsverbunds (AVV) hatten den Politikern erklärt, dass Anruf-Linien- und Anruf-Sammel-Taxis im Vergleich zum Netliner für eine Kommune die kostengünstigeren Varianten darstellen. Die Politik entschied sich schließlich für das ALT und verband ihren Beschluss mit der Forderung, die Fahrgastzahlen zu erfassen, um zu sehen, wie das Angebot angenommen wird.

Auch der Netliner brauchte in Monschau etwas Anlaufzeit. In den ersten Monaten hatte es einige Kritik für das neue Angebot gegeben, insbesondere, weil man zu gewissen Zeiten (8 bis 12 Uhr und 15 bis 21 Uhr) selbst aktiv werden muss, um befördert zu werden. „Die zeitgemäßen Busse, barrierefrei und 14-Sitzer, fielen im Stadtbild auf. Der Wechsel von einem Standardlinienbus, der weite Wege schon wegen der Buslänge nehmen muss statt wunschgemäß zwischen den Orten unterwegs zu sein, wird heute gut angenommen. Wir bekommen nun auch viele positive Rückmeldungen für das bedarfsorientierte System“, sagt Monschaus Bürgermeisterin Margareta Ritter. Das würden auch die Fahrgastzahlen zeigen. Seit der Einführung der ersten beiden Netliner-Busse sind die Fahrgastzahlen um rund 30 Prozent gestiegen. Inzwischen sind drei Netliner im Einsatz, ab Frühjahr 2020 wird auch die Ortschaft Konzen einbezogen. Das System wird monatlich von mehr als 2000 Fahrgästen genutzt.

NichtnurBussegehörenzumÖPNV-AngebotinderGemeindeSimmerath:SeitSommer2019verkehrtaucheinsogenanntesAnruf-Linien-Taxi. Foto: Andreas Gabbert

Da es sich um grundverschiedene Systeme handele, könne man die Zahlen nicht vergleichen. Für den Betrieb des Netliners sei in Monschau ein Teil des festen Linienangebotes entfallen. In Simmerath sei das ALT ein zusätzliches Angebot, erklärt die Aseag auf Nachfrage. Ein Netliner-System habe höhere Fixkosten als ein Anruf-Linien-Taxi. „Für den Netliner müssen eigene Fahrzeuge angeschafft werden und während der Betriebszeiten müssen Fahrer bereitstehen – egal, ob und in welchem Umfang das Angebot genutzt wird. Beim ALT steht mit dem Taxi-Unternehmen ein Partner zur Verfügung, das Fahrzeug und Fahrer stellt. Es fallen keine Fixkosten für Fahrzeug und Fahrer an. Es müssen nur die Taxikosten finanziert werden, wenn das ALT tatsächlich fährt“, teilt die Aseag schriftlich mit.

Aus ihrer Sicht sei es noch zu früh, nach sechs Monaten eine abschließende Bilanz zu ziehen, erklärte die Aseag gegenüber der Gemeindeverwaltung mit Blick auf die vorgelegten Zahlen.

Flyer erstellt

Erst im Januar habe sie noch einen Flyer mit Informationen zum ALT-Angebot sowie dessen Funktionsweise erstellt. Die Gemeindeverwaltung hat ebenfalls ein Informationsschreiben zum Anruf-Linien-Taxi entworfen, das von Ende Februar bis Anfang März mit den Schmutzwasser-Gebührenbescheiden an die Haushalte verschickt werden soll.

Zudem gibt es in der Gemeinde Simmerath seit Jahresbeginn den sogenannten „City-Tarif“, der den öffentlichen Nahverkehr attraktiver machen soll. Für 1,80 Euro kann man nun im gesamten Gebiet der Gemeinde den ÖPNV nutzen. Bisher waren 2,80 Euro zu zahlen. Ein Vier-Fahrten-Ticket im City-Tarif kostet seit Januar 6,80 Euro. Der City-Tarif gilt für alle Busse im Linienverkehr, die zum Aachener Verkehrsverbund gehören, inklusive der Anruf-Linien-Taxi-Angebote. Das Ticket ist ab Entwertung für 90 Minuten gültig. Umsteigen ist möglich, Rück- und Rundfahrten sind ausgeschlossen. Solche Preise seien nur möglich, weil die Kommunen den ÖPNV bezuschussen würden. Die Gemeinde Simmerath zahle dafür jährlich rund 800.000 Euro, sagt Bürgermeister Karl-Heinz Hermanns.

Mit Blick auf das Anruf-Linien-Taxi wird jetzt zunächst die Wirkung der Marketing- und preislichen Maßnahmen abgewartet. Die Fahrgastzahlen sollen dem zuständigen Fachausschuss im Mai 2020 dann erneut vorgelegt werden. Die Politik erwartet hier weitere und genauere Informationen von der Aseag zu den Fahrgastzahlen auf den einzelnen Strecken und zu den Nutzungszeiten, um das ALT-Angebot zu bewerten und entsprechend zu entscheiden. „Je nach Erfahrungswerten wird die Politik entscheiden, ob und wo Veränderungen erfolgen sollen und ob weitere Verbesserungen möglich sind“, sagt Simmeraths Bürgermeister Karl-Heinz Hermanns.

Des Weiteren wurde in Abstimmung mit der Aseag ein Fragebogen für die im Gewerbe- und Industriegebiet Rollesbroich ansässigen Betriebe entwickelt, der unter anderem Informationen über die dortigen Arbeitszeiten sowie zu den Wohnorten der Beschäftigten liefern soll, um so gegebenenfalls das ÖPNV-Angebot zum Gewerbe- und Industriegebiet Rollesbroich anzupassen beziehungsweise weiterzuentwickeln.

Das beauftragte Taxi-Unternehmen hat den Vertrag mit der Aseag inzwischen gekündigt. „Wir suchen jetzt nach einer Alternative“, erklärt die Aseag auf Anfrage. Die Gemeinde Simmerath reagiert verwundert auf den Vorgang.

Info

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Hier verkehrt das Anruf-Linien Taxi

Das Anruf-Linien-Taxi (ALT) verkehrt nach telefonischer Anmeldung wie ein Linienbus nach einem vorgegebenen Fahrplan auf bestimmten Linien. Wenn keine Anmeldungen vorliegen, fährt das Taxi nicht. Angemeldet werden muss die Fahrt mit dem ALT bis spätestens 30 Minuten vor Abfahrt an der gewünschten Haltestelle unter Tel. 02473/929272.

Die Ankunftszeit an die Zielhaltestelle kann variieren, da das ALT nicht an einen festen Linienweg gebunden ist und nur die Haltestellen anfährt, für die es bestellt wurde.

Das Anruf-Linien-Taxi verkehrt auf folgenden Linien:
Linie 68 (Montag bis Freitag): Rollesbroich (Kirche, Schlad, Am Mühlenweg, Edisonstraße), Haltestelle Witzerath, Simmerath Bushof.
Linie 68 (Montag bis Freitag): Steckenborn (Kirche), Hechelscheid (Wolfsgasse, Auf der Höhe, Höhe-Wolfsgasse).

Linie 68 (Montag bis Freitag): Simmerath (Bushof, Krankenhaus, Gewerbegebiet), Kesternich (Oberdorf, Post), Strauch (Am Kreuzchen, Post, Kirche, Weidenbroich, Zäunchen), Steckenborn (Langgasse, Kirche, Im Birkenschlag), Haltestelle Woffelsbach, Rurberg (Woffelsbacher Straße, Kirche, Seeufer), Haltestelle Rösberg, Haltestelle Einruhr.

Linie 83 (Montag bis Freitag): Simmerath (Bushof, Krankenhaus), Haltestelle Huppenbroich.

Linie 83 (Wochenende und Feiertage): Simmerath (Bushof, Krankenhaus), Haltestelle Huppenbroich, Eicherscheid (Ehrenmal, Förster, Auf dem Knipp), Hammer (Kirche, Haus Waldblick), Dedenborn (Dedenborn, Haus Rurblick, Rauchenauel, Seifenauel, Seifenauel-Anfang, Abzweig Dedenborn), Haltestelle Rösberg, Haltestelle Einruhr.

Die Abfahrzeiten sind dem aktuellen Fahrplan zu entnehmen. Die Fahrten des Anruf-Linien-Taxis sind mit einem kleinen Auto gekennzeichnet. Mehr Informationen gibt es unter www.rheinlandbus.de.

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