Städteregion. Der Bericht beim letzten Parteitag der städteregionalen SPD im Juni fiel dann doch eher ernüchternd aus: Als der Vorsitzende Martin Peters ein Jahr nach Inkrafttreten des internen Frauenförderplanes seine erste Bilanz vorlegte, verband er diese mit einem dringenden Appell: „Die SPD muss viel weiblicher werden. Frauen sind bei uns immer noch unterrepräsentiert. Das muss sich dringend ändern.“
Diese Worte könnten auch von Janine Köster stammen. Die Roetgener Ortsvereinsvorsitzende führt seit anderthalb Jahren auch die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) in der Städteregion an. „Es gibt nach wie vor sehr viel zu tun. Aber wir haben eine starke Frauengruppe in der SPD und sind auf einem guten Weg“, zeigt sie sich im Interview mit unserer Zeitung zuversichtlich.
Bei Ihrem Amtsantritt 2015 wurden nur zwei SPD-Stadtverbände bzw. Ortsvereine von einer Frau angeführt, mittlerweile sind es vier. Werten Sie das als Erfolg?
Köster: Es ist ein kleiner Fortschritt. Aber es gibt nach wie vor großen Handlungsbedarf. Mit dem Frauenförderplan für den Unterbezirk haben wir im vergangenen Jahr auch eine Zielquote von 40 Prozent verabschiedet. Das heißt, wir wollen möglichst 40 Prozent aller Vorstände, Fraktionen, Gremien sowie der überregionalen Mandate weiblich besetzen. Davon sind wir immer noch weit entfernt. Auch in unserer Städteregionsfraktion stellen die Männer in der laufenden Legislaturperiode noch die deutliche Mehrheit. Linke und Grüne sind da weiter, sie sind im Städteregionstag paritätisch vertreten.
Fehlt es der SPD an selbstbewussten Frauen, die Verantwortung übernehmen möchten?
Köster: Wir haben gute Frauen, die das möchten. Wie in unserer Gesellschaft insgesamt gibt es aber auch in der SPD in Sachen Emanzipation noch einige dicke Bretter zu bohren. Frauen müssen sich immer noch allzu oft erklären und ihre Qualitäten unter Beweis stellen, während diese bei Männern als gegeben vorausgesetzt werden.
Viele unserer weiblichen Mitglieder sind sich zudem ihrer Rechte gar nicht bewusst, die sie aufgrund der Parteiregularien haben. Beispielsweise, wenn es um die Vergabe von Listenplätzen für Wahlen geht. Auch in der SPD müssen die Frauen viel selbstbewusster werden. Deshalb ist es wichtig, dass wir ihnen als AsF die Möglichkeiten aufzeigen und mit unserer Arbeit überzeugen. Es gibt viele engagierte Frauen in der Städteregion, und uns kommt zugute, dass wir einen Unterbezirksvorsitzenden haben, der unsere Interessen vertritt.
Trotzdem ist längst nicht jedem die AsF bekannt.
Köster: Auch daran arbeiten wir. Wir wollen noch präsenter werden, deshalb starten wir in der nächsten Woche auch eine eigene Homepage. Außerdem werden wir die Netzwerkarbeit weiter intensivieren.
Welche inhaltlichen Schwerpunkte sehen Sie für die nächsten Monate?
Köster: Das Thema „Equal pay“ wird uns weiter beschäftigen. Wir haben in Deutschland immer noch eine Lohnlücke von 21 Prozent. Im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend liegt ein Gesetzentwurf vor, um dies zu ändern. Doch die Verabschiedung scheitert leider an der Blockade der Union. Daneben wird uns mit Blick auf die Kooperation der Krankenhäuser in Eschweiler und Stolberg die regionale Versorgung in der Gynäkologie und Geburtshilfe weiter beschäftigen.
Wir haben die Sorge, dass die Eschweiler Geburtshilfe umzieht, ohne dass in Stolberg bis dahin die erforderlichen zusätzlichen Kapazitäten geschaffen worden sind. Wir werden uns weiter einmischen, auch wenn wir in diesem Punkt nicht unbedingt einig sind mit unserer Mutterpartei vor Ort. Einig sind wir uns jedoch alle, dass die Finanzierung der Geburtshilfe und Gynäkologie einer Reform bedarf. Für Krankenhäuser ist beides nach derzeitigem Stand wirtschaftlich uninteressant.
2017 wird es im Land und im Bund Wahlen geben. Welche Erwartungen knüpfen Sie an diese?
Köster: Aus Sicht der AsF hoffe ich, dass es danach Koalitionen geben wird, die die Rahmenbedingungen für eine Gleichberechtigung der Frau weiter verbessern werden. Auf Landesebene ist das bereits der Fall. Aber die Koalition in Berlin hat gezeigt, dass die meisten frauenpolitischen Dinge mit der Union nicht durchzusetzen sind. Ein rot-rot-grünes Bündnis wäre aus frauenpolitischer Sicht wünschenswert, allerdings müsste die Linke in anderen Politikfeldern ihre Koalitionsfähigkeit noch beweisen.
Die Kandidatenkür der SPD für die Bundestagswahl steht bevor. Würden Sie für den städteregionalen Wahlkreis zur Verfügung stehen?
Köster: Wenn wir unsere politischen Forderungen und die selbst gesetzte Zielquote umsetzen wollen, müssen wir mit gutem Beispiel vorangehen. Deshalb stehe ich in der Tat als Kandidatin der SPD für den städteregionalen Wahlkreis zur Verfügung. Es ist aber noch nicht klar, ob es weitere Interessenten innerhalb der SPD geben wird.
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