Fortbestand bis 2023 gesichert. Besuch von Mathias Richter, Staatssekretär im NRW-Schulministerium, in Simmerath.
SIMMERATH Die Förderschule Nordeifel hat ihre zweite und vermutlich letzte Chance beim Schopfe gepackt und ihren Fortbestand zunächst bis zum Jahr 2023 gesichert. Auch für die Zeit danach ist die einstmals kleinste Förderschule des Landes auf einem guten Weg, wie am Dienstag beim Besuch von Mathias Richter, Staatssekretär im NRW-Schulministerium, deutlich wurde.
Es war schon eine Art „große Schulkonferenz“, die sich da am zweiten Tag der Herbstferien im Rathaus eingefunden hatte. Von der Förderschule Nordeifel, um die es in dieser Runde vornehmlich ging, waren Lehrerinnen, Eltern, Schulleitung und Kinder gekommen, gleich drei Landtagsabgeordnete und Vertreter des Schuldezernats bei der Städteregion Aachen saßen mit am Tisch, und auch die vier Kommunen in den beiden kleinen und großen Schulzweckverbänden waren vertreten, als Bürgermeister Karl-Heinz Hermanns die Gäste „zu einem erfreulichen Termin“ begrüßte. Hermanns stellte den Gast aus dem Düsseldorfer Ministerium als „entscheidende Kraft im Kampf um den Erhalt der Förderschule in Eicherscheid“ vor, als er die Ereignisse rund um die Einrichtung seit 2015 noch einmal chronologisch Revue passieren ließ. „Wir haben schwere Zeiten hinter uns“, meinte Hermanns und erinnerte an den 10. Februar 2015, als das damalige rot-grüne NRW-Schulministerium im Zuge der Inklusion gleichsam das Ende des Förderschulstandorts ankündigte. Nach dem Regierungswechsel in Düsseldorf keimte erste Hoffnung auf eine Fortführung der Schule am 25. Oktober 2017 auf, als die neue Schulministerin Gebauer persönlich die kleine Schule in der Eifel besuchte, ihr Ministerium drei Monate später die Wiedereinrichtung beschloss und wiederum zwei Wochen später die Bezirksregierung diesen Schritt genehmigte, „wenn auch zunächst auf ein Jahr befristet“, erinnerte der Bürgermeister. Am 11. April kam es dann zu einem intensiven und letztlich entscheidenden Gespräch mit Mathias Richter, in dem es um eine längerfristige Fortführung der Förderschule Nordeifel ging. Schließlich verkündete das Ministerium am 6. Juli dieses Jahres, kurz vor den Sommerferien, die neue Mindestgrößenverordnung, mit der die kleine Eifeler Schule fünf Jahre Zeit erhält, um die Mindestgröße zu erreichen.
Hoffen auf Ausnahmeregelung
Der Entwurf der Mindestgrößenverordnung sieht für Schulen im Verbund eine Mindestgröße von 112 Schülern vor. Noch unklar ist, ob auch die neue Verordnung eine „Regelung für Ausnahmen“ enthält, bei der die Mindestgrößenzahl aufgrund besonderer geographischer Verhältnisse unterschritten werden darf. „Vielleicht lässt das Ministerium ja auch dann wieder mit sich reden, sollten wir die Zahl nicht ganz erreichen“, meinte Karl-Heinz Hermanns mit einem Augenzwinkern in Richtung Staatssekretär.
Setzt sich der Trend der letzten Wochen und Monate fort, dann wird die Förderschule Nordeifel in fünf Jahren die Zielzahl erreichen, wie Schulleiter Robert Knauff anhand von aktuellen Schülerzahlen aufzeigte. Besuchten Ende des Schuljahres 2017/18 gerade mal noch 17 Kinder die gut ausgestattete Einrichtung an der Bachstraße, so kletterte diese Zahl vor den Herbstferien auf 48 Schülerinnen und Schüler. „Nach den Herbstferien werden es voraussichtlich 54 Mädchen und Jungen sein, zum zweiten Halbjahr dann 56“, so Knauff. Das wäre schon jetzt, viereinhalb Jahre vor Ablauf der Frist, exakt die Hälfte der geforderten Schülerzahl. „Nahezu täglich werden weitere Gespräche mit interessierten Eltern geführt“, erläuterte Christine Kraß von der Simmerather Schulverwaltung in ihrer Präsentation. Auch wurden seit Schuljahresbeginn schon mehrere Schüler von der Sekundarschule an die Förderschule empfohlen und dort aufgenommen.
Inklusion und Förderschulen
Staatssekretär Richter sah keinen Widerspruch darin, die Förderschulen im Lande fortzuführen und dennoch die Inklusion voranzutreiben. „Ich bekenne mich ebenso klar zu den Förderschulen wie auch zur inklusiven Beschulung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf“, bekräftigte Richter und meinte: „Wir wollen beides besser machen.“ Damit bezog er sich auf die schwierige Startphase der Inklusion, die 2013 formal eingerichtet worden sei, ohne dass die personellen und sächlichen Voraussetzungen definiert worden seien. „Aber man kann die Inklusion nicht orientierungslos vorantreiben“, so Mathias Richter. Nun brauche das Land eine Revitalisierungspase für die fast geschlossenen Förderschulen und eine Stärkung auch der Regelschulen mit Inklusionsschülern. Von aktuell 140.000 Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf besuchen aktuell 80.000 eine Förderschule, 60.000 eine allgemeine Regelschule. „Wir müssen beides voranbringen, damit die Eltern wieder ein echtes Wahlrecht haben“, sprach der Staatssekretär von 6000 zusätzlichen Stellen bis 2023/24 und 3,5 Milliarden Euro zusätzlichem Finanzbedarf an den betroffenen Schulen.
Beim Angehen dieser großen Ziele sei der allgemeine Lehrkräftemangel in Deutschland wie NRW ein Problem. „In der Sekundarstufe II haben wir 16.000 Lehrer zu viel, an Grundschulen, Berufskollegs und in der Sekundarstufe I 15.000 zu wenig, weil am Bedarf vorbei ausgebildet wurde“, erläuterte Richter. Mit einer Besoldungsreform und mehr Lehrerausbildung „in der Fläche“ (beispielsweise auch in Aachen) möchte das NRW-Schulministerium dieses Thema angehen.
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