Eifeler Zeitung, Andreas Gabbert

Gemeinsam die Chancen besser nutzen

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Roetgen und Simmerath wollen beim Breitbandausbau kooperieren. Diskussion um unterschiedliche Modelle im Gemeinderat.

Roetgen/Simmerath. Um den Breitbandausbau in ihren Kommunen gemeinsam voranzutreiben, haben die Gemeinde Simmerath und die Gemeinde Roetgen eine Kooperationsvereinbarung getroffen. Mit der Zusammenarbeit soll die Ausgangslage für die Bewilligung von Fördergeldern im Rahmen der Bundesrichtlinie „Förderung zur Unterstützung des Breitbandausbaus in der Bundesrepublik Deutschland“ verbessert werden.

Zur Verbesserung der Breitbandanbindung hatte die Gemeinde Roetgen Anfang Dezember 2015 einen Antrag zur Förderung von Beratungsleistungen gestellt, der kurz darauf genehmigt wurde. Im August 2016 wurden dann zwei Beratungsbüros beauftragt, die Gemeinde zu unterstützen.

Frist endet am 28. Februar

Inzwischen gab es auch ein Markterkundungsverfahren mit dem Ergebnis, dass ohne Beihilfe kein flächendeckender Ausbau erreicht werden kann. Lediglich für den Ortsteil Rott wurde kein Marktversagen festgestellt. Aufbauend auf diesen Ergebnissen fand ein unverbindliches Interessenbekundungsverfahren statt, um eine realistische Kostenschätzung zu erhalten. Außerdem wurden mit der Gemeinde Simmerath und den Beratern Gespräche über ein mögliches Vorgehen geführt.

Die nächste Frist zur Beantragung von Fördermitteln endet am 28. Februar, und es sei nicht absehbar, ob und wann ein weiterer Förderaufruf erfolge, schreibt die Verwaltung der Gemeinde Roetgen in der Vorlage für die jüngste Sitzung des Gemeinderates. Die Fördermittel würden nach einem Scoring-Verfahren gewichtet und bewilligt bis sie erschöpft seien. Um die Wahrscheinlichkeit einer Förderung zu erhöhen, müsse man folglich möglichst viele Scoring-Punkte erreichen. Durch eine gemeinsame Beantragung von Fördermitteln mit der Gemeinde Simmerath sei es möglich, zusätzliche Punkte zu erhalten, dafür sei aber ein Kooperationsvertrag die Voraussetzung.

Wir wären nicht gut beraten, wieder bei Adam und Eva anzufangen.

Jorma Klauss,
Bürgermeister Roetgen

Man wolle dabei zweigleisig fahren, erläuterte Bürgermeister Jorma Klauss. Die Doppelstrategie der Gemeinde sehe Modelle mit Förderung (Betreibermodell oder Wirtschaftlichkeitslückenmodell) und ein Modell ohne Förderung (Ausbau auf Kosten eines Betreibers) vor. Im Vorfeld waren mit dem Unternehmen „Deutsche Glasfaser“ Gespräche geführt worden, ob diese einen Ausbau ohne Fördermittel vornimmt. Ein Arbeitskreis hatte sich im Vorfeld mit der Thematik befasst.

Der Ausbau des Breitband-Internets in der Eifel soll weitergehen: Die Kommunen Roetgen und Simmerath haben jetzt eine Kooperationsvereinbarung getroffen ,um bessere Chancen bei der Vergabe von Fördermitteln zu haben.

Bernhard Müller (Grüne) bezeichnete die angestrebte Kooperation als gut. „Befremdlich“ nannte er die „Erteilung einer Generalvollmacht“. Bei „einer der wichtigsten Strukturfragen der kommenden Jahre“ hätte er eine Vorstellung der verschiedenen Modelle erwartet. Verschiedene Fragen seien nicht geklärt und man habe keine Möglichkeit zur Beratung gehabt. Wolle man auf die Fördermittel nicht verzichten, hätten die Ratmitglieder aber keine andere Chance, als dem Vorhaben zuzustimmen. „Das ist eine Aushöhlung demokratischer Prinzipien“, sagte Müller. Zumindest müsse der freie Zugang für alle Anbieter auf Dauer sichergestellt werden, damit sich kein Monopol entwickeln könne. Dies solle bei Vertragsabschluss auch so festgehalten werden, forderte Müller. Wenn man beide Modelle zur Diskussion stelle, entscheide sich kein Unternehmen für das Betreiber-, sondern für das Wirtschaftlichkeitslückenmodell. „Wo bekommt man sonst Millionen geschenkt und ist nur für sieben Jahre gebunden?“, sagte Müller. Außerdem kritisierte er, dass man entscheidende Fristen habe verstreichen lassen und es versäumt habe, den Ausbau frühzeitig voranzutreiben. Dennoch signalisierte er die Zustimmung seiner Partei.

„Wir wären nicht gut beraten, wieder bei Adam und Eva anzufangen“, sagte Klauss, bevor die zur Sitzung eingeladenen Experten die verschiedenen Lösungen näher erläuterten.

Klauss empfand es als nicht so schlimm, dass es zu Verzögerungen gekommen sei, die die Gemeinde im Übrigen nicht allein zu verantworten habe, weil jetzt ein Ausbau mit modernerer Technik, eventuell mit Glasfaserkabeln bis ins Haus, möglich sei. Das Thema sei in dem Arbeitskreis diskutiert worden. Ein Betreibermodell sei in einer kleinen Gemeinde wie Roetgen voraussichtlich nicht zu realisieren.

„Wenn wir jetzt wieder anfangen zu diskutieren, sitzen wir in zwei Jahren noch hier. Dafür kenne ich diesen Rat inzwischen gut genug“, warnte Michael Seidel (CDU). Die Kooperation mit der Gemeinde Simmerath sei sinnvoll, und man solle in Roetgen „nicht wieder alles anders machen als die anderen und alles zerreden“. Außerdem sei das Thema in einem eigens eingerichteten Arbeitskreis bereits ein Jahr lang diskutiert worden. Daher müsse es möglich sein, jetzt eine Entscheidung zu treffen.

Klaus Onasch (SPD) hatte den Eindruck, dass man der Verwaltung unterstelle, dass sie Informationen zurückhalte, bis es nicht mehr gehe und es keine Alternative mehr gebe. Man solle das Thema aber nicht zerreden, sondern froh über diese Möglichkeit sein. Daher sei die Diskussion müßig, sagte Onasch.

Silvia Bourceau (UWG) stellte fest, dass eine kritische Auseinandersetzung selbstverständlich sein müsse. Dies sei aber innerhalb des Arbeitskreises erfolgt. Daher empfinde sie den Vortrag des Bürgermeisters als „sehr schlüssig“. Der Beschlussvorschlag der Verwaltung sei kein Freifahrschein. Außerdem erinnerte Bourceau daran, was vor sieben Jahren technisch möglich war. Von daher sei nicht abzusehen, was sieben Jahre in der Zukunft technisch möglich sei.

„Vielversprechendes Gespräch“

Am Ende stimmte der Gemeinderat der Kooperationsvereinbarung einstimmig zu. In Simmerath wurde das Thema nicht öffentlich behandelt und der Kooperation ebenfalls zugestimmt. Nach Auskunft des Bürgermeisters hat am Freitag, 3. Februar, bereits ein „vielversprechendes Gespräch“ mit dem Unternehmen „Deutschen Glasfaser“ stattgefunden.

Unterschiede zwischen den Modellen

Beim Betreibermodell errichtet die Kommune die passive Infrastruktur selbst. Das heißt, sie verlegt zum Beispiel Glasfaserleitungen und verpachtet diese dann an einen Netzbetreiber. Die Infrastruktur ist nach zehn Jahren zu veräußern oder neu auszuschreiben.
Beim Wirtschaftslichkeitslückenmodell überlässt die Kommune einem Telekommunikationsunternehmen den Breitbandausbau und dessen Vermarktung. Das Unternehmen muss verpflichtet werden, im geförderten Netz einen offenen und diskriminierungsfreien Zugang zu gewährleisten. Das Modell ist auf ein Laufzeit von sieben Jahren ausgelegt.

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