Der Bürgermeister von Stolberg geht ins Rennen um die Nachfolge von Städteregionsrat Helmut Etschenberg
Städteregion Städteregionsrat Helmut Etschenberg hat seine Partei mit der Ankündigung, sein Amt vorzeitig zum Jahresende aufzugeben, offenbar kalt erwischt. Zumindest hat die CDU lange gebraucht, einen Kandidaten für seine Nachfolge zu präsentieren. Die SPD hatte schon vor einer Woche ihre Kandidatin, die Aachenerin Daniela Jansen, vorgestellt. Gestern nun haben die Christdemokraten nachgezogen: Tim Grüttemeier (37), seit 2014 Bürgermeister von Stolberg, soll Etschenbergs Nachfolge antreten. Wählen werden die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Aachen und der neun Kommunen im Altkreis am 4. November. Diesen Termin hat die Kölner Regierungspräsidentin Gisela Walsken (SPD) gestern bestätigt.
Schwere Entscheidung
Leicht ist dem gebürtigen Stolberger Grüttemeier die Entscheidung nicht gefallen. „Ich habe mich sehr schwergetan“, gestand er gestern. Er habe sich erst für die Kandidatur entschieden, nachdem seine Familie zugestimmt habe und für Stolberg geregelt war, wie es weitergehen wird. „Da steckt sehr, sehr viel Herzblut drin. Die Projekte, die ich mit meinem Team angestoßen habe, die verlässt man nicht so einfach.“ Jetzt gebe es ein klares Verfahren zu seiner Nachfolge im Bürgermeisteramt, so Grüttemeier: „Wenn meine Kandidatur klappen sollte, haben wir für Stolberg eine vernünftige Nachfolgeregelung. Und wenn es nicht klappen sollte, werde ich bei der Kommunalwahl 2020 nicht mehr als Bürgermeister kandidieren. Das entspricht meiner Überzeugung, dass ich etwas ganz oder gar nicht mache. Stolberg ist kein Trostpreis.“ Heißt im Klartext: Unabhängig vom Ausgang der Wahl im November wird Stolberg früher oder später einen neuen Bürgermeister bekommen.
Inhaltlich setzt Tim Grüttemeier darauf, dass Dinge, die kommunal zu regeln sind, auch vor Ort geregelt werden sollen. In den vier Jahren als Bürgermeister und auch schon in den Jahren davor als Kommunalpolitiker – Grüttemeier war von 2003 bis 2014 Ratsmitglied in Stolberg und ab 2007 CDU-Fraktionsvorsitzender – habe er aber festgestellt, dass es viele Themen gebe, die man regional angehen müsse. Dazu gehört für ihn natürlich das Thema Strukturwandel. Er plädiert unter andrem dafür, einen kommunenübergreifenden Gewerbeflächenpool einzurichten. Beim Thema Mobilität dürfe man nicht nur die Elektromobilität im Blick haben, sondern müsse auf eine vernünftige Vernetzung unterschiedlicher Systeme achten sowie darauf, auch ländliche Bereiche anzubinden. Wichtig ist Grüttemeier auch, die Digitalisierung voranzubringen, das Ehrenamt zu stärken und regionale Lösungen im Schul- und Kitabereich zu finden.
Dass harte Wochen auf ihn zukommen, schreckt Grüttemeier, den gelernten Juristen, nicht. Schließlich muss er auch im Wahlkampf sein Bürgermeisteramt ausüben. Er glaubt nicht, dass er da in Interessenkonflikte gerät. „In der heißen Wahlkampfphase nehme ich Urlaub“, sagte er. „Es wird ein intensiver, ein spannender Wahlkampf“, ist Grüttemeier überzeugt. „Aber das mache ich leidenschaftlich gerne. Wahlkampf ist die Champions League der Politik.“ In Stolberg hat er 2014 die Bürgermeisterwahl auf Anhieb mit knapp 52 Prozent der Wählerstimmen gegen den damaligen Amtsinhaber von der SPD gewonnen. Dabei hat er persönlich gut fünf Prozent mehr Stimmen geholt als seine Partei. Natürlich ist er davon überzeugt, dass er auch die Wahl im November zum Städteregionsrat gewinnen wird.
Die CDU in Stadt und Altkreis Aachen ist froh, dass sie den Stolberger Bürgermeister zur Kandidatur bewegen konnte. „Sehr, sehr froh“, gestand Hendrik Schmitz, Vorsitzender der Christdemokraten im Altkreis, gestern Abend. Es seien intensive Gespräche geführt worden. „Tim Grüttemeier war von Anfang an unser Wunschkandidat für die Nachfolge von Helmut Etschenberg.“ Das bestätigte Holger Brantin, Kreisvorsitzende der Aachener CDU, gestern Abend. „Auch in Aachen haben wir wahrgenommen, was für eine tolle Arbeit Tim Grüttemeier in Stolberg macht. Er ist auch einer, der Verwaltung kann, das hat er in der größten Altkreisstadt gezeigt, in einer Verwaltung mit 1000 Mitarbeitern.“
Einstimmiger Beschluss
Gestern Abend hat der erweiterte Vorstand beider Kreisverbände, insgesamt 75 Personen, Grüttemeier als Kandidaten der Christdemokraten für die Städteregionsratswahl bestätigt. Einstimmig, wie Schmitz und Brantin betonten. „Die Stimmung in der Partei ist absolut positiv. Die Personalie Grüttemeier setzt ein Stück weit Kräfte frei. Alle sagen: Dem trauen wir zu, den Elan und die Kraft, die er in Stolberg aufbringt, auf die Städteregion zu übertragen. Die Partei ist bereit, Vollgas zu geben“, sagte Schmitz gestern.
Weitere Kandidaten
Grüne, FDP und Linke suchen noch
Die Grünen haben am Freitagabend zwar beschlossen, dass sie einen Kandidaten/eine Kandidatin ins Rennen schicken werden, offen ist jedoch, wen. „Wir sind noch in Gesprächen“, sagte Parteivorsitzende Gisela Nacken gestern auf Nachfrage unserer Zeitung. Die Mitgliederversammlung soll am 6. September entscheiden.
Auch die FDP ist noch nicht so weit, einen Kandidaten/eine Kandidatin für die Städteregionsratswahl zu benennen. Die Kreisvorstände Aachen-Stadt und -Land sind noch in der Planungsphase, sagte Dr. Werner Pfeil, Vorsitzender der FDP Aachen-Land, gestern. Georg Helg, Vorsitzender der Städteregionsfraktion, hatte am Rande der Städteregionstagssitzung vergangene Woche gesagt, es gebe „intensive Gespräche mit zwei Kandidaten“.
Die Linke wird ihren Kandidaten oder ihre Kandidatin auf einer Mitgliederversammlung am 14. August in Eschweiler wählen. Das teilte Kreisverbandssprecherin Vanessa Heeß gestern auf Anfrage mit.