Kesternich. Über das Schicksal der Grundschule Kesternich ist noch nicht endgültig das letzte Wort gesprochen. Wenn es nach dem Willen der Interessengemeinschaft Schwalbenschule (ehemals IG zum Erhalt der Kesternicher Grundschule) geht, dann soll die Schule nicht aufgelöst werden, sondern als Teilstandort der Grundschule Steckenborn langfristig erhalten bleiben.
Die Beschlusslage hingegen ist eindeutig: Im April 2015 hatte der Simmerather Gemeinderat mehrheitlich mit den Stimmen von CDU und Grünen beschlossen, dass die Kesternicher Schule zum Ende des Schuljahres 2016/17 geschlossen werden soll. In diesem Sommer bereits sollen keine neuen Kinder mehr eingeschult werden. Gleichzeitig wurde den Eltern das Angebot unterbreitet, ihre Kinder an der Grundschule Steckenborn anzumelden.
Genau das möchte die IG Schwalbenschule nicht. Um ihrem Ansinnen Nachdruck zu verleihen, hat sie angekündigt, einen Einwohnerantrag an den Gemeinderat zu richten (s. Box), damit das Thema noch einmal aufgerollt wird. Die dazu erforderliche Unterschriftensammlung ist bereits gestartet, und nach Einschätzung von Bernd Je-städt von der IG besteht kein Zweifel daran, dass man die gesetzlich erforderliche Anzahl von Unterschriften beibringt und damit die Volksvertretung angehalten ist, über das Thema Teilstandort Kesternich zu beraten.
Das Beratungsgespräch bei der Verwaltung mit dem Ziel, den Antrag so einzureichen, dass er die formellen Anforderungen erfüllt, habe bereits stattgefunden. Binnen zwei Wochen sollten die Unterschriften vorliegen, und bis Ende Februar solle der Einwohnerantrag eingereicht sein, so das angestrebte Zeitfenster.
Die IG, die seit Ende 2014 aktiv ist, betont, dass es ihr vorrangiges Ziel sei, alle vier Grundschul-Standorte der Gemeinde Simmerath zu erhalten. Absicht des Einwohnerantrages sei es daher auch nicht, „den Ratsbeschluss umzustoßen“, sondern die Schwalbenschule Kesternich als Teilstandort der Grundschule Steckenborn zu etablieren. Ab dem Schuljahr 2017 könnten laut IG nach jetzigem Stand zwei Eingangsklassen in Steckenborn und eine Klasse in Kesternich beschult werden. Bernd Jestädt sieht sehr wohl den „Problempunkt“, dass zur Erreichung der erforderlichen Klassenstärke in Kesternich einige Kinder von der Grundschule Steckenborn nach Kesternich wechseln müssten.
Diese Bereitschaft aber glaube er erkennen zu können. Eine Gefährdung des Schulstandortes Steckenborn sieht die IG in einer solchen Lösung nicht. Was die IG in ihrem Vorhaben bestärkt, sind vor allem die „deutlich gestiegene Geburtenrate“ in Kesternich und die gestiegenen Schülerzahlen in Kesternich. Bernd Je-städt: „Der Trend in Kesternich hat sich umgekehrt“. Die IG spricht von mindestens 16 Geburten im Jahr 2015 in Kesternich. Die Schulaufsicht habe es zudem in die Entscheidungsfreiheit der Gemeinde Simmerath gestellt, eine Teilstandortlösung zu beschließen.
Aktuell besuchen laut Angaben der IG 84 Kinder die Grundschule Kesternich (beim Ratsbeschluss im April seien es 75 gewesen). Für die Schaffung eines Teilstandortes sind mindestens 46 Schüler erforderlich. In diesem Zusammenhang kritisiert die IG auch, dass seinerzeit versäumt worden sei, eine Schulwerkstatt einzurichten.
Die IG hofft nun, von der Gemeindeverwaltung Simmerath belastbare statistische Daten der Einwohnerzahlen der Jahrgänge 2010 bis 2016 sowie aktuelle Schülerzahlen an den vier Grundschulen im Gemeindegebiet zu erhalten. Diese Zahlen wurden am 1. Februar nachgefragt.
Inzwischen ist, was die Fortführung des Schulbetriebes in Kesternich betrifft, noch ein weiterer Aspekt hinzugekommen. Da nach jahrelanger Diskussion die Planung des Kultur- und Sportzentrums einschließlich eines Dorfgemeinschaftshauses inzwischen konkrete Formen annimmt, ist es das Ziel, den zur Zeit im Schulgebäude aktiven Vereinen im Dorfgemeinschaftshaus neue Domizile zu schaffen. Gleichzeitig, so die Planung der Gemeinde, soll das Schulgebäude verkauft und einen Baustein für die Finanzierung des neuen Zentrums darstellen.
Dieser Finanzierungszusammenhang aber ist laut Bernd Jestädt längst noch nicht geklärt. Er könne bislang keine Abhängigkeit zwischen dem Fortbestand der Schule und dem Bau des Dorfgemeinschaftshauses erkennen.
Einen solchen Zusammenhang kann auch Kesternichs Ortsvorsteher Ulrich Offermann bislang nicht bestätigen: „Die Verwirklichung des Dorfgemeinschaftshauses hängt bisher nicht davon ab, ob das Schulgebäude verkauft wird“, auch wenn das bestimmt eine willkommene finanzielle Unterstützung darstelle.
Was die weitere Diskussion um den Fortbestand der Schwalbenschule Kesternich betrifft, hofft Offermann auf einen „Sieg der Vernunft“, wohl wissend um die Tatsache, dass die Bürger ihn als Ortsvorsteher in besonderem Maße in die Pflicht nehmen, für sein Heimatdorf Partei zu ergreifen, obschon er nicht dem Rat angehört. Schon bei Beschlussfassung vor zehn Monaten hatte Offermann das Gefühl, dass noch nicht alle Türen für die kleine Kesternicher Schule zugeschlagen sind.
Groß verändert hat sich die Faktenlage aus seiner Sicht aber nicht. Es werde schwer, die Schwalbenschule, die jetzt bereits den Status eines Teilstandorts besitze, langfristig zu erhalten. Auch wenn die Interessengemeinschaft diese Möglichkeit etwas optimistischer sehe, „ist das von den Schülerzahlen her alles sehr eng gestrickt.“ Wenn man der Grundschule Steckenborn Schüler wegnehme, um möglichst gleiche Klassenstärken erzielen, „dann reißt man nur ein neues Loch, um ein anderes zu stopfen.“
Inzwischen tendiert Ulrich Offermann zu der Auffassung, dass ein Schul-Teilstandort Kesternich langfristig keinen Bestand haben werde. Man würde nur Jahr um Jahr „weiterstolpern“ und dabei auch noch den Standort Steckenborn gefährden. Auf positive Geburtenzahlen allein will sich Offermann nicht verlassen. „Man weiß nie , wie sich Eltern entscheiden.“ Auch Wegzüge aus dem Ort müssten einkalkuliert werden.
Für viele betroffene Eltern in Kesternich stelle sich die Situation im Moment schwierig dar, zeigt der Ortsvorsteher Verständnis für den drohenden Verlust der Dorfschule, aber er hofft, dass am Ende der Rat mit Weitblick „im Sinne der Kinder“ entscheidet.
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