Schuld in Millionenhöhe nicht an den Fiskus abgeführt. Selbstanzeige beim Finanzamt. Problematik war seit Jahren bekannt. Neuer Städteregionsrat lässt den Fall untersuchen.
AACHEN Die Städteregion und vormals der Kreis Aachen haben dem Fiskus offenbar Steuern in Millionenhöhe zu wenig gezahlt. Es geht um Umsatz- und Körperschaftsteuer. Nach derzeitigem Stand gehe man im schlimmsten Fall von Nachzahlungen in Höhe von rund acht Millionen Euro aus, sagt Tim Grüttemeier, seit Januar Städteregionsrat, der den Fall gegenüber unserer Zeitung offenlegte. Dies könnte durch Abzüge geringer ausfallen, aber selbst dann stehen noch rund vier Millionen Euro Steuerschuld im Raum. Ende Februar habe man Selbstanzeige beim Finanzamt erstattet.
Die Problematik war in der Städteregionsverwaltung bereits seit zwei Jahren bekannt, ohne dass gehandelt wurde. Auf das Thema aufmerksam gemacht worden waren die damals Verantwortlichen von Wirtschaftsprüfern im Jahr 2016. Die Steuerfachleute hatten festgestellt, dass die Städteregion offenbar keine Steuern für Leistungen zahlte, für die sie dies eigentlich hätte tun müssen. Dies betrifft Dinge, die unter den Begriff „Betrieb gewerblicher Art“ fallen. Beispiele sind die Vermietung von Parkplätzen an Mitarbeiter, Aufträge an die hauseigene Druckerei, die Erhebung von Jagdpacht oder auch Job-Tickets für den ÖPNV.
Die heikle Thematik wurde einem Aktenvermerk zufolge im Februar 2017 in der Verwaltungskonferenz behandelt. Die „jetzige Unsicherheit“, so heißt es dort, solle geklärt werden. Doch außer einer Sitzung einer „Controllergruppe“ sei nichts weiter geschehen, wie Grüttemeier und Finanzdezernent Gregor Jansen erklären. Erst im Januar dieses Jahres sei einer neuen Mitarbeiterin aufgefallen, dass die damaligen Fragen unbeantwortet geblieben waren. Daraufhin setzte eine Untersuchung im Haus ein, um welche Größenordnung es sich bei den zu wenig gezahlten Steuern handelt. Im Ergebnis landete man zurückreichend bis ins Jahr 2007 bei besagten Millionensummen. Ob dies alles ist, wird wohl eine Prüfung durch das Finanzamt zeigen.
Grüttemeier hält es angesichts der Höhe der nicht gezahlten Steuerschuld für nicht unrealistisch, dass sich auch die Staatsanwaltschaft mit dem Fall befasst. Der Städteregionsrat hat das Rechnungsprüfungsamt mit einer Untersuchung beauftragt. Zudem hat er die Fraktionsspitzen und die Bürgermeisterkonferenz informiert. Möglicherweise müssen die teils ohnehin klammen städteregionalen Kommunen per Umlage die zusätzlichen Steuermillionen schultern.
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