Podiumsdiskussion unter dem Titel „Das interkulturelle Modell von Freiheit“. Beherrschendes Thema: Kultur als Integrationsmotor.
Aachen. „Das Eigene muss so gut gelernt sein wie das Fremde“, schrieb Friedrich Hölderlin in einem Brief vor über 200 Jahren. Andere Kulturen kennenzulernen und zu erforschen, ist heute jedoch einfacher geworden als noch zu Zeiten des bekannten Lyrikers. Und trotzdem wird die Kultur von einigen wenigen immer noch als Begründung für Ausgrenzung und Diskriminierung missbraucht. Wie sich das ändern soll, und wie ehrenamtlichen Kulturschaffenden wieder mehr Anerkennung zuteil werden kann, war Thema bei der Auftaktveranstaltung des Kulturforums der Sozialdemokratie im Aachener Josefshaus.
Ehrenamtliche Leistungen
Bei der Podiumsdiskussion unter dem Titel „Das interkulturelle Modell von Freiheit“ ging es vor allem um die Leistung der ehrenamtlichen Bürger bei der Integration. „Wenn die Leute hierher kommen, werden sie sofort auf ihre wirtschaftliche Verwertbarkeit geprüft, aber kaum jemand achtet auf ihre persönlichen Eigenschaften, die sie mitbringen“, kritisierte Martin Peters, SPD-Fraktionsvorsitzender in der Städteregion. Auch Instrumentalpädagogin Marion Simons-Olivier bestätigte das, sei es doch beispielsweise in einer Streicherklasse letztlich egal, woher jemand komme.
Diese überbrückende Funktion der Kultur über die Sprachgrenzen hinweg betonte auch Thorsten Schäfer-Gümbel, stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD. Er plädierte für ein inklusives, und nicht – wie es in manchen Ecken Deutschlands propagiert werde – für ein exklusives Kulturverständnis. Er verwies dabei etwa auf den Einfluss der Musik der Sinti und Roma auf die deutsche Klassik, der vielen überhaupt nicht bekannt sei. „Aber die Hasssekte Pegida sieht nicht die Chancen von Kultur und Religion. Sie benutzt beides zur Ausgrenzung von Andersdenkenden“, sagte er. Dagegen aufzutreten sei die Aufgabe aller, denn der gesellschaftliche Zusammenhalt entscheide sich nicht in politischen Grundsatzreden, sondern in den Städten und Gemeinden der Bundesrepublik, so Schäfer-Gümbel. Ob Integration in größerem Maßstab gelingt, hängt jedoch auch davon ab, wie die Arbeit der vielen Ehrenamtlichen speziell in der Städteregion unterstützt wird. Hier sieht Alexandra Lünskens, Leiterin des Kinder- und Jugendkulturzentrums Barockfabrik, noch viel Nachholbedarf. Oft habe etwa Kulturdezernentin Susanne Schwier gesagt, dass nun genügend Geld für Integrationsprojekte vorhanden sei, wovon jedoch nie etwas angekommen sei. „Für die alltägliche Arbeit, die wir in den Jugendzentren leisten, erfahren wir kaum Wertschätzung. Es wird viel geredet, aber wenig getan“, beklagte Lünskens.
Martin Peters
SPD-Fraktionsvorsitzender in der Städteregion
Foto: Ralf Roeger
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