Um weitere Klagen zu verhindern, passt die Gemeinde Simmerath ihre Verordnungen für die verkaufsoffenen Sonntage an
Simmerath. In der Auseinandersetzung zwischen der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der Gemeinde Simmerath deutet sich eine Entspannung an, die beiden Konfliktparteien bewegen sich aufeinander zu. Noch sind aber nicht alle Fragen geklärt.
Hintergrund des Streits sind verschiedene gerichtliche Klagen der Gewerkschaft, die viele Kommunen zwingen, ihre verkaufsoffenen Sonntage einzuschränken oder sogar zu streichen. So hatte das Verwaltungsgericht Aachen in einer Eilentscheidung festgestellt, dass die Geschäfte in Simmerath anlässlich des Kraremannstages am Sonntag, 7. Mai, nicht geöffnet sein dürfen. Die sogenannte Ordnungsbehördliche Verordnung der Gemeinde Simmerath über das Offenhalten von Verkaufsstellen war damit unwirksam. Laut Gericht verstoße sie „gegen den im Grundgesetz verankerten Schutz der Sonn- und Feiertage“. Außerdem sei die Verordnung nicht bestimmt genug, so das Urteil.
Begrenzung empfohlen
Um weitere Streitigkeiten zu vermeiden, befasste sich jetzt der Gemeinderat in einer Sondersitzung mit dem Thema. Einstimmig wurde beschlossen, die Verordnungen für den Kraremannstag und für den verkaufsoffenen Sonntag in der Adventszeit zunächst aufzuheben. Für das Offenhalten von Verkaufsstellen aus Anlass der traditionellen Frühjahrs- und Herbstmärkte beschloss der Gemeinderat am Dienstagabend eine neue und präziser gestaltete Verordnung.
Die Gemeinde und die Gewerkschaft sind sich aber noch nicht in allen Punkten einig. Im Vorfeld der Sitzung hatte die Verwaltung der Gewerkschaft umfangreiche Hintergrundinformationen zu der neuen ordnungsbehördlichen Verordnung zukommen lassen. Dies wurde von Gewerkschaftssekretär Mathias Dopatka (s. auch Leserbrief auf Seite 20) ausdrücklich begrüßt. „Auf Basis dieser Informationen sehe ich gute Möglichkeiten, für die Zukunft zu einer Einigung zu kommen“, heißt es in seinem Antwortschreiben an die Gemeinde. Allerdings weist Dopatka in dem Schreiben auch darauf hin, dass sich das Gewerbegebiet nicht in unmittelbarer Nähe des Marktes befinde und er dem Gemeinderat nachdrücklich empfehle, das Gebiet der Ladenöffnung auf die unmittelbar angrenzenden Straßenzüge zu beschränken.
Zunächst keine Klage
Mathias Dopatka
Gewerkschaftssekretär
Dieser Aufforderung ist der Gemeinderat mit dem Beschluss der neuen Verordnung noch nicht nachgekommen. Die Verwaltung will zunächst noch versuchen, die Gewerkschaft von ihren Argumenten für eine Öffnung der Geschäfte im Gewerbegebiet zu überzeugen.
Dopatka betont in seinem Schreiben, dass man „die für alle Seiten unangenehme Situation“ ausdrücklich bedauere. „Wir sehen hier jedoch vollumfänglich die Verwaltung bzw. Teile der Politik in der Verantwortung. In einem Zeitraum von eineinhalb Jahren ist die Gemeinde Simmerath fünfmal (zweimal Verdi, dreimal Innenministerium) auf die veränderte Rechtslage hingewiesen worden“, schreibt Dopatka. Erst nachdem die angekündigte Klage eingereicht wurde, habe die Gemeindeverwaltung Gesprächsangebote gemacht. „Hätte die Gemeindeverwaltung im Vorfeld auf die Schreiben reagiert, so wäre eine Klage nicht nötig gewesen und großer Ärger für alle Seiten hätte vermieden werden können. Wir sind weiterhin an guten und vernünftigen Lösungen interessiert und sehen den Klageweg nur als letzte Möglichkeit“, heißt es in dem Schreiben.
Diesen Ablauf stellte die Verwaltung in der Sitzung aus ihrer Sicht anders dar. Im November 2015 habe man den ersten Erlass des Wirtschaftsministeriums mit Hinweis auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zu einer Sonntagsöffnung in Bayern erhalten, im Mai 2016 dann vom Ministerium den Text des Urteils, im September 2016 die Auflistung der grundsätzlichen Voraussetzungen für Rechtsverordnungen mit Blick auf die neue Rechtsprechung (konkrete Vorgaben könnten nicht gemacht werden, es seien immer Einzelfallentscheidungen). Im Oktober des vergangenen Jahres habe die Gemeinde dann ein allgemeines Schreiben mit dem Hinweis auf die aktuelle Rechtsprechung von Verdi erhalten. Darauf habe die Gemeinde Kontakt mit dem Städte- und Gemeindebund aufgenommen. Als Antwort habe man erhalten, dass an an einer Handreichung gearbeitet werde. Diese liege aber bis heute nicht vor. Am 7. April habe es dann mit Bezug auf den Kraremannstag ein konkretes Schreiben der Gewerkschaft gegeben. Die Rechtsauffassung der Gemeinde sei aber gewesen, dass die Verordnung aus dem Jahr 2003 weiter Bestand habe. Dies habe man Verdi mitgeteilt und Gesprächsangebote gemacht. Die Gespräche fanden nicht statt, weil Dopatka aus Krankheitsgründen verhindert war und andere Gesprächspartner nicht greifbar waren. Bürgermeister Karl-Heinz Hermanns (CDU) bedauerte , dass es vor dem Kraremannstag nicht zu einem Gespräch gekommen sei. Dann hätte die Gemeinde ihre Argumente erläutern können. Dopatka seien sicherlich nicht alle Einzelheiten bewusst. Er wolle intensiv den Dialog suchen und die Situation vor Ort vor Augen führen, so Hermanns. „Die ganze Situation ist natürlich nicht befriedigend“, sagte Hermanns und wies darauf hin, dass er nicht versprechen könne, „dass die Beschlüsse von heute vor Gericht bestehen, wenn geklagt wird“.
Dopatka hingegen betonte am Tag nach der Ratssitzung nochmals, dass ein Gesprächsangebot der Gemeinde erst nach der Einreichung der Klage erfolgt sei.
Gregor Harzheim (SPD) begrüßte die Gespräche mit der Gewerkschaft und signalisierte die Zustimmung seiner Partei für die Änderungen der Verordnungen. „Es wurde das getan, was nach bestem Wissen und Gewissen möglich ist“, sagte Harzheim. Nun gelte es, die Abstimmung mit Verdi zu suchen und die entsprechenden Änderungen für den Herbstmarkt vorzunehmen, damit keine ähnliche Situation wie am Kraremannstag entstehe.
Je nach Ausgang der Gespräche über die Geschäftsöffnungen an den Markttagen müsse die Verordnung nochmals angepasst werden. Vorher sei nicht genau bekannt, was gewünscht werde, erklärte der Beigeordnete Bennet Gielen.
Reinhold Köller (UWG) hatte eine Reihe von Verständnisfragen, die an diesem Abend aber nicht abschließend beantwortet werden konnten. Der Bürgermeister verwies darauf, dass man dies gerne der Handreichung des Städte- und Gemeindebundes entnehmen würde, diese läge aber immer noch nicht vor.
„Geschäfte nicht im Vordergrund“
„Für jeden, der die Veranstaltung kennt, ist klar, dass die Öffnung von Geschäften nicht im Vordergrund steht“, sagte Christoph Poschen (CDU). Klaus Stockschlaeder (Grüne) stellte fest, dass der Kraremannstag auch ohne geöffnete Geschäfte gut besucht gewesen sei. Das sei ein Beleg dafür, dass die Öffnung der Geschäfte nicht im Vordergrund stehe. Dies könne eine gute Argumentationslinie sein. Köller ergriff nochmals das Wort und sagte, es sei ein „Unding“, dass mit einem Gewerkschaftssekretär, der Simmerath gar nicht kenne, über die Öffnungszeiten diskutiert werden müsse. Die Gemeinde müsse für alle Gewerbetreibenden eintreten, es dürfe nicht sein, dass jemand aufgrund der Lage seines Geschäfts ausgegrenzt werde. „Dieses Gesetz ist ein Müllgesetz“, das einfacher und klarer formuliert werden müsse, schimpfte Köller.
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